In einigen Ländern Südamerikas und Asiens kommt es derzeit vermehrt zu Dengue-Fällen. So rief die Regierung Guatemalas aufgrund der Fiebererkrankung den Gesundheitsnotstand aus. In Bangladesch wiederum vermeldete die WHO, dass sich das Land Indien angeschlossen habe und Dengue dort nun endemisch geworden sei. Der aktuelle Ausbruch stelle mit rund 120.000 Infektions- und 570 Todesfällen den größten in Bangladesch dar. Ein staatliches Impfprogramm gibt es vor Ort nicht.

Das von Mücken übertragene Dengue-Virus, das zur gleichnamigen Fiebererkrankung führen kann, tritt mittlerweile aber nicht nur in tropischen und südamerikanischen Gebieten auf. Jüngst kam es zu einigen Dengue-Fällen am Gardasee. Das Besondere dort: Laut europäischer Seuchenbehörde ECDC ist dieses „Lombardei-Cluster“ lokal entstanden [II]. Die Betroffenen haben sich also in Italien mit dem Tropenvirus infiziert. Keiner von ihnen war auf Reisen. Durch klimatische Veränderungen werden die Mückenarten, die das Virus übertragen, in immer mehr Regionen heimisch. Längere Hitzeperioden begünstigen zudem konkret das krankmachende Virus, das durch die höheren Temperaturen länger in den Mücken zirkulieren kann.

Die Symptome von Dengue können von mildem Fieber bis hin zu schweren Erkrankungen variieren, die lebensbedrohlich sein können. Zu den häufigsten Anzeichen gehören hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Hautausschlag. In seltenen Fällen kann Dengue zu schweren Blutungen, Organversagen und sogar zum Tod führen.

Derzeit gibt es keine spezifische antivirale Behandlung gegen Dengue. Zugelassen sind derweil zwei Impfstoffe. Der erste – Dengvaxia von Sanofi – ist aufgrund von Komplikationen bei Gesunden, die noch nicht infiziert waren, mittlerweile jedoch auf Personen im Alter von 9 bis 45 Jahren beschränkt, die in einem Endemiegebiet leben und zuvor bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Der zweite – Qdenga von Takeda – wurde erst im Dezember 2022 durch die EU-Kommission zugelassen; er wirkt breiter als Dengvaxia und führt auch zu weniger Nebenwirkungen. Dazu ein Statement von

► PD Dr. Sebastian Ulbert

Abteilungsleiter Impfstoffe und Infektionsmodelle, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI), Leipzig

Aktuelle Lage

„Weltweit nehmen die Dengue-Fälle zu. Neben Bangladesch sehen wir das gerade auch in Südamerika. Es ist ein genereller Trend. Zum Teil liegt das sicher auch daran, dass mehr getestet wird. Vor allem in Afrika. Wobei Afrika immer noch unterdiagnostiziert ist. Dengue wird dort immer noch häufig mit Malaria verwechselt, wodurch Betroffene die falschen Medikamente bekommen.“

Virusverbreitung

„Aber natürlich spielen auch die klimatischen Veränderungen in den Endemie-Gebieten eine Rolle. Es wird wärmer und feuchter, die Mückendichte steigt. Die Menschen leben enger beieinander, was eine Übertragung durch die Insekten erleichtert. Aedes-Mücken, die Dengue übertragen können, gibt es bei uns auch schon. Und Reiserückkehrer bringen das Virus auch hin und wieder mit. Bisher ist es bei uns aber nicht warum genug, dass sich das Virus gut in den Mücken vermehren und dann übertragen werden kann. Erst wenn es über längere Zeit warm ist, also mit Temperaturen um die 30 Grad und warmen Nächten, können die Viren länger in den Mücken zirkulieren und bei einem Stich dann auch eher auf den Menschen übertragen werden. Dann kann ein Infizierter über die Mücke, die ihn sticht, mehrere andere Menschen anstecken. Auf Madeira gab es 2012 solch einen Fall, bei dem das Virus durch Reisende eingeschleppt wurde und es zu einem Ausbruch mit 2000 Fällen kam.“

„In Teilen Ostdeutschlands zirkuliert das West-Nil-Virus, ein Verwandter des Dengue-Virus, welches durch Mücken von Vögeln auf den Menschen übertragen werden kann – mit dem Unterschied, dass dieses Virus eben schon endemisch ist, nicht nur die Mücke. In Gegenden Norditaliens waren die Intensivstationen wegen des West-Nil-Virus vergangenen Sommer voll. Vor 10 bis 15 Jahren gab es dort ähnliche Fallzahlen wie momentan bei uns. Ob wir hier wirklich zu einem Dengue-Endemiegebiet werden, ist sehr schwer abzusehen, aber möglich ist es.“

Therapie und Prävention

„Dengue ist keine harmlose Virusinfektion. Es gibt keine wirksame antivirale Therapie. Kleine Kinder sind vor allem gefährdet. Natürlich kann man Patienten in guten Gesundheitssystemen wie bei uns besser stabilisieren, doch insbesondere bei den seltenen schweren Fällen von Dengue-Fieber kann man wenig machen. Deswegen ist Dengue auch für uns eine sehr gefährliche Krankheit.“

„Es gibt zwei zugelassene Impfstoffe. Den einen gibt es schon seit einigen Jahren: Dengvaxia von Sanofi. Er war der erste Impfstoff überhaupt. Und seit Kurzem gibt es von der Firma Takeda das Vakzin Qdenga. Nur: Wenn man sich gängige Impfstoffe anschaut, die wir so verimpfen, muss man sagen, dass die Dengue-Impfstoffe noch nicht auf dem gleichen Niveau sind. Das hat mit den Eigenschaften des Virus zu tun: Es gibt global vier Serotypen. Die Immunität bei überstandener Infektion gilt lebenslang, aber nur gegen diesen einen Subtyp. Infektionen mit anderen Subtypen sind immer noch möglich. Und: Die Immunität gegen den einen Subtyp kann sogar die Infektion mit einem anderen Subytpen verstärken. Das beruht auf komplizierten immunologischen Mechanismen, die noch nicht völlig verstanden sind. Ein Impfstoff muss also alle Virustypen abdecken. Und da haben die Impfstoffe ihre Probleme. Beide Impfstoffe bestehen aus abgeschwächten, gentechnisch veränderten Viren. In beiden Impfstoffen sind es Mischungen aus vier Viren. Die erzeugte Immunität ist aber nicht gleichmäßig. Die Schutzraten variieren sehr stark, teilweise besteht gegen bestimmte Serotypen wenig bis kaum Schutz.“