Eine kürzlich im Fachjournal „Science“ veröffentlichte Studie zeigt auf, dass die Bemühungen um Klimaschutz durch Aufforstung in Afrika unbeabsichtigte negative Auswirkungen auf Savannen und andere offene Graslandschaften haben könnten und somit möglicherweise ihr Ziel verfehlen.

Die Untersuchung der African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR100), die darauf abzielt, bis 2030 100 Millionen Hektar Land durch Aufforstung und natürliche Wiederherstellung zu revitalisieren, ergab, dass 52 Prozent der Baumpflanzungsprojekte auf Gebiete entfallen, die primär als Savannen und Graslandschaften identifiziert wurden. Ein Grund dafür ist die häufige Fehlklassifizierung dieser Gebiete als ‚Wälder‘. Darüber hinaus verwenden die Aufforstungsprojekte zu fast 60 Prozent nicht-einheimische Baumarten, was zusätzliche ökologische Bedenken aufwirft.

Die globale Herausforderung des vom Menschen verursachten Klimawandels erfordert dringend Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie Strategien zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre, um den Temperaturanstieg zu begrenzen. Aufforstungsprogramme werden als eine solche Maßnahme angesehen. Sie sollten jedoch auf die Wiederherstellung natürlicher Waldlandschaften abzielen, anstatt nicht-bewaldete Ökosysteme in bewaldete Gebiete umzuwandeln. Offizielle Definitionen von ‚Wäldern‘ könnten jedoch unbeabsichtigt die Bepflanzung von primär grasbewachsenen Gebieten begünstigen, was eine fundamentale Veränderung der betroffenen Ökosysteme zur Folge haben könnte.

Die Analyse umfasste alle 35 Länder, die sich im Rahmen der AFR100-Initiative verpflichtet haben, insgesamt 133 Millionen Hektar degradierter Waldfläche wiederherzustellen. Dabei wurde festgestellt, dass ein signifikanter Anteil der zur Aufforstung vorgesehenen Flächen in Ländern liegt, die traditionell keine oder nur wenige Waldflächen aufweisen. Von den analysierten Ländern führen 18 mehr potenziell bepflanzbare Fläche auf als tatsächlich vorhandene Waldfläche, wobei 70 Millionen Hektar – also über die Hälfte der angestrebten Flächen – in Ökosystemen liegen, die ursprünglich nicht bewaldet waren. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass ähnliche Tendenzen möglicherweise auch in anderen Teilen der Welt, wie in Indien oder Brasilien, zu beobachten sind.

Das Science Media Centre hat dazu Experten befragt.

► Prof. Dr. Almut Arneth

Leiterin der Arbeitsgruppe Modellierung Globaler Landökosysteme und Leiterin der Abteilung Ökosystem-Atmosphäre Interaktionen, Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Campus Alpin, Garmisch-Partenkirchen

Grundsätzliche Probleme bei der Klassifizierung von Aufforstungen

„Die aktuelle Studie spricht in meinen Augen mehrere wichtige Aspekte an. Das beginnt mit der Problematik, was denn eigentlich genau ein ‚Wald‘ ist. Um mit Satellitenmessungen Ökosysteme zu klassifizieren – was ein wichtiges Hilfsmittel für ganz unterschiedliche Analysen und Management-Maßnahmen ist – braucht es eine Definition, die unter anderem den Grad der Bedeckung des Bodens mit Baumkronen berücksichtigt. Wenn diese aber eher niedrig ist – zum Beispiel zehn Prozent – besteht in Savannen die Gefahr, dass diese als ‚Wald‘ klassifiziert werden. Andererseits ist es aber auch so, dass ein höherer Grenzwert – von vielleicht 30 Prozent – junge, nachwachsende Wälder nicht als solche entdeckt. Sprich: In Regionen, die vom Menschen genutzt werden, wissen wir in manchen Fällen nicht wirklich, wo genau natürlicherweise Wald wachsen würde. Wo hört zum Beispiel der trockene tropische Wald auf und wo fängt die Savanne an?“

„Renaturierung übernutzter Ökosysteme ist als Maßnahme anerkannt, mit der – wenn diese unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten durchgeführt wird – Mehrwert generiert werden kann, was Biodiversitätsschutz, Kohlenstoffspeicherung (Minderung des Klimawandels) und viele andere Ökosystemleistungen und Nachhaltigkeitsziele anbelangt. Wichtig sind aber eben die ökologischen und sozialen Gesichtspunkte. Die Problematik, dass Aufforstung in Savannen eher zu Degradierung dieser Ökosysteme führen kann, wurde schon mehrmals in wissenschaftlichen Publikationen thematisiert. Die Kolleginnen quantifizieren in der Studie das potenzielle Ausmaß dieser Problematik. Auch wenn die präsentierten Zahlen sicher mit Unsicherheiten behaftet sind, ist die identifizierte Fläche, die in einzelnen Ländern für die Aufforstung von Savannen zumindest vorgesehen ist, immens. Dies widerspricht der eigentlichen Zielsetzung der Bonn Challenge [1]beziehungsweise der AFR100 [I] und ist umso bemerkenswerter, als dass es genug degradierte ‚richtige‘ Wälder in Afrika gibt, die von ökologischer Renaturierung tatsächlich profitieren würden.“

Konflikte zwischen Aufforstungen zum Klimaschutz und anderen Zielen

„Auch wenn es nicht wirkliches Thema der aktuellen Studie ist – und auch nicht die ursprüngliche Zielsetzung der Bonn Challenge –, steht diese doch in engem Zusammenhang mit heftiger Kritik daran, dass viele Länder weltweit in ihren Nationally Determined Contributions (NDCs) zum Erreichen des Pariser Klimaabkommens auf landbasierte Kohlendioxidaufnahme setzen. Letztere vorwiegend durch Aufforstung oder Anbau von Bioenergiepflanzen. Dies ist relativ billig und erlaubt es, zumindest auf dem Papier die eigentlich notwendige massive Reduktion fossiler Treibhausgasemissionen weiter nach hinten zu verschieben. Im sogenannten Land Gap Report [2] wird darauf hingewiesen, dass sich die insgesamt in den NDCs dafür vorgesehenen Flächen weltweit aufsummieren würden zu zwölf Millionen Quadratkilometer Land. Dies ist nur etwas weniger als die gesamte weltweite Fläche an Ackerland (15 bis 16 Millionen Quadratkilometer) und wäre, falls umgesetzt, nicht vertretbar mit Nahrungsmittelsicherheit oder Biodiversitätsschutz. Berücksichtigt man allerdings die Notwendigkeit schneller Treibhausgasemissionsreduktion und Reduzierung des Energieverbrauchs in Szenarien, schnurrt die notwendige Fläche für Aufforstung oder Bioenergie schnell auf möglicherweise realistischere zwei bis vier Millionen Hektar zusammen. Kolleg*innen haben dies kürzlich in einem schönen Artikel in Science [3] analysiert.“

Geeignete Gegenmaßnahmen

„Renaturierungsmaßnahmen, die ökologisch und sozial verträglich sind, müssen letztlich lokal entschieden und umgesetzt werden. Diese bergen auf jeden Fall das Potenzial, Klima- und Biodiversitätsschutz zu verknüpfen, mit Mehrwert für die lokalen Gesellschaften. Sich darauf zu verlassen, dass diese Maßnahmen zusammengenommen das Pariser Klimaabkommen retten, ist allerdings unrealistisch, was durch unzählige Publikationen belegt ist. Nichts kann die schnelle, massive Reduzierung fossiler Verbrennung ersetzen.“

► PD Dr. Sven Günter

Leiter des Arbeitsbereichs Waldwirtschaft weltweit, Institut für Waldwirtschaft, Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Hamburg

Methodik

„Die Autoren klassifizieren und bilanzieren die Verbreitung von Wald- und Savannengebieten in Afrika und ordnen diesen Biomen aktuelle oder geplante Aufforstungsvorhaben zu. Savannen haben natürlicherweise eine sehr geringe Baumbedeckung mit spezifischer Artenzusammensetzung. Daraus wird die Schlussfolgerung abgeleitet, dass Aufforstung wichtig und dringend ist, aber eben nicht überall, vor allem nicht in Savannen, wo viele spezifische Arten verdrängt werden können. Eine ähnliche Problemlage tritt auch an anderen Waldgrenzen auf, beispielsweise an Übergängen zu Feuchtgebieten. Die Autorinnen zeigen mit ihrer Studie zwar, dass sehr große Gebiete von dem Problem fehlplatzierter Aufforstungsmaßnahmen betroffen sind. Der Artikel widerlegt aber auf keinen Fall die Notwendigkeit von Aufforstung in all jenen riesigen Gebieten in Afrika, die vormals bewaldet waren und heute stark degradiert sind. Die Studie zielt auf einen wichtigen Aspekt, der bei zukünftigen Planungen besser berücksichtigt werden sollte, klammert aber auch wichtige Punkte aus. Aus dem Artikel lässt sich nicht ableiten, dass alle Aufforstungsmaßnahmen in Afrika in eine falsche Richtung laufen, aber hinterfragt Projekte an der Übergangszone zu Savannen.“

Grundsätzliche Probleme bei der Klassifizierung von Aufforstungen

„Warum besteht die Gefahr, dass Savannengebiete aufgeforstet werden, obwohl dort Wald nichts zu suchen hat? In der Praxis ist es nicht einfach, eine klare Grenze zwischen den Biomen Wald und Savanne zu ziehen. Eigentlich handelt es sich bei der ‚Grenze‘ eher um eine Übergangszone mit mehr oder weniger lockerem Baumbestand. Die Autorinnen kritisieren zu Recht die gängigen Walddefinitionen, die auf strukturellen, also einfach messbaren, Eigenschaften basieren, nicht aber auf ökosystemaren Zusammenhängen. Diese komplexen Prozesse ohne teure und aufwendige Verfahren abzubilden und den Anwendern zur Verfügung zu stellen, ist noch Aufgabe der Forschung.“

„Die Studie betrachtet das Problem aus einer eher statischen Perspektive, aber natürliche Grenzen sind im Wandel. Das gilt auch für die Wald-Savannen-Grenze. Feuerdynamik und Klimawandel spielen hier entscheidende Rollen, werden im Artikel allerdings ausgeklammert. Durch höhere oder geringere Feuerfrequenzen verschiebt sich die ‚Grenze‘ über lange Zeiträume in die eine oder andere Richtung. Vormals bewaldete Gebiete können durch häufigere Feuerereignisse in Savannen umgewandelt werden, während feuchtere Klimaphasen eher die Wiederbewaldung fördern. Das Wechselspiel ist Teil eines natürlichen Prozesses und betrifft große Flächen, die im Artikel nicht quantifiziert werden.“

„Klimawandel wird die Kipppunkte zwischen Wald und Savanne und ihre zukünftige räumliche Ausbreitung sehr stark beeinträchtigen. Nicht die Berücksichtigung der aktuellen, sondern die der zukünftigen Verbreitung dieser Biome gewährleistet die Ausbringung von klimaresilienten Baumarten an den richtigen Standorten.“

Geeignete Gegenmaßnahmen

„Vielen fehlplatzierten Aufforstungs-Projekten liegen einfach zu messende Parameter wie Hektarzahlen oder Anzahl gepflanzter Bäume als Zielgröße für erfolgreiche Wiederbewaldung zugrunde. Wichtiger und richtiger wäre, die verbesserten Umweltdienstleistungen und die verbesserten Lebensumstände für die lokale Bevölkerung als Erfolgsgröße zu definieren. Das erfordert einen Paradigmenwandel, weg von der kurzfristigen Planung von Projekten, hin zu langfristigen und wissenschaftlich begleiteten Programmen, weg von top-down basierten Ansätzen hin zu einer partizipativen und ökologisch fundierten Planung.“

► Dr. Manfred Finckh

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Ökologische Modellierung, Institut für Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie, Fachbereich Biologie, Universität Hamburg

Methodik

„Die aktuelle Studie ist eine methodisch saubere Analyse von Widersprüchen zwischen politischen Zusagen zur Wiederherstellung von Waldlandschaften einerseits und der Flächenverfügbarkeit degradierter oder zerstörter Waldökosysteme, die überhaupt wiederhergestellt werden könnten, andererseits. Die Studie hat gewisse Unsicherheiten in Bezug auf die Flächenberechnungen, da sowohl die verwendete Biom-Klassifikation als auch der Forest Landscape Integrity Index konzeptionelle und klassifikatorische Ungenauigkeiten haben. Die Größenordnung, in der natürliche Offenlandökosysteme im Rahmen der African Forest Restoration Initiative (AFR100) zur Aufforstung vorgesehen sind, wird meines Erachtens jedoch eher unter- als überschätzt. Das heiß, die ökologischen Konsequenzen von AFR100 sind eher noch gravierender als von den Autorinnen eingeschätzt.“

„Diese Studie bestätigt die seit etwa zehn Jahren zunehmend von Wissenschaftlern formulierte Sorge, dass unter dem Begriff ‚Forest Restoration‘ eine großflächige Zerstörung von extrem artenreichen Offenlandökosystemen besonders in tropischen und subtropischen Regionen stattfinden könnte. Die Studie quantifiziert erstmals auf kontinentaler Skala für das subsaharische Afrika das flächenmäßige Missverhältnis von Aufforstungsversprechen – im Rahmen der African Forest Restoration Initiative – und der Verfügbarkeit theoretisch wiederherstellbarer, degradierter Waldlandschaften. Dazu kommt die wichtige Beobachtung, dass zum Beispiel etwa 60 Prozent der untersuchten Agroforst-Projekte mit nicht einheimischen Gehölzarten arbeiten – was natürlich in einem krassen Widerspruch zum Begriff Restoration, also auf Deutsch Wiederherstellung, steht – denn man kann ja nur etwas wiederherstellen, was vorher bereits da war. De facto trägt die Verwendung nicht einheimischer Baumarten zur Zerstörung naturnaher Ökosysteme bei.“

Fehlentwicklungen bei Aufforstungen

„Was läuft schief? Bedauerlicherweise eine ganze Menge. Es kursiert in weiten Teilen der Öffentlichkeit die Vorstellung, Bäume zu pflanzen sei per se gut, denn es würde Kohlenstoff binden und dazu beitragen, den Klimawandel zu bremsen. Wir haben aber zwei große planetare Krisen, und das globale Artensterben wird durch die Zerstörung der tropischen und subtropischen Offenlandökosysteme sehr stark angetrieben. Agrarische Umnutzung und insbesondere Aufforstung tragen zum Artensterben sehr stark bei.“

„Außerdem sind tropische Offenlandökosysteme sehr wichtige Kohlenstoffspeicher. Allerdings liegt der Großteil des Kohlenstoffs in Savannen und tropischen Grasländern in Form von Wurzeln, Speicherorganen und organischen Verbindungen im Boden, statt in den Stämmen der Bäume. Aufforstung schadet dem Bodenkohlenstoffspeicher jedoch in vielen Fällen und hat auch deshalb keine klimapositive Wirkung.“

„Zudem kann die Aufforstung von Offenland die Albedo – also die Energierückstrahlung ins All – reduzieren und dadurch die Erderwärmung sogar verstärken.“

Grundsätzliche Probleme bei der Klassifizierung von Aufforstungen

„Wie in der aktuellen Studie beschrieben, gibt es im internationalen Rahmen sehr problematische Definitionen, was ein Wald ist. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) definiert jede Fläche, die mindestens zehn Prozent Kronendeckung von Gehölzen hat, als Wald, sobald die Bäume mindestens zwei Meter hoch sind. Salopp gesagt würde jede deutsche Kleingartenanlage dieses Kriterium erfüllen. Und die Feuchtsavannen Afrikas, die von natürlichen Bränden und großen Pflanzenfressern offen gehalten werden, erfüllen dieses Kriterium auch, weil dort Mosaike von Gehölzgruppen und Grasflächen mit Einzelbäumen durcheinander vorkommen. Durch diese ökologisch unsinnige Definition von Wald, die im internationalen politischen Raum verwendet wird, werden die Geldmittel zur Wiederherstellung von Waldlandschaften fehlgelenkt.“

„Selbst dort, wo die Wiederherstellungsbemühungen auf die richtige Fläche, also auf ein degradiertes Waldökosystem zielen, bedeutet das noch lange nicht, dass dadurch kein Schaden angerichtet wird. Wenn nicht einheimische Baumarten verwendet werden, also in Afrika zum Beispiel mit Baumarten wie Eukalypten oder australischen Akazien aufgeforstet wird, sieht das Gebiet am Ende zwar vielleicht für einen Laien wie ein Wald aus, ist oft aber – noch einmal salopp gesprochen – so tot wie ein Maisacker, denn die ursprüngliche Flora und Fauna verschwindet weitgehend, sobald der Bestand sich schließt. Allerdings – für Investoren nicht ganz unerheblich: Man kann nach 20 Jahren bereits Holz ernten und damit Geld verdienen.“

„Laut der aktuellen Studie werden sogar 112,8 Millionen Hektar degradierter Wald nicht in der Initiative AFR100 adressiert, denn 70,1 Millionen Hektar werden falsch ausgerichtet auf Offenlandökosysteme. Nur 63,5 Millionen Hektar sind richtig ausgerichtet, das heißt etwa 64 Prozent der degradierten Waldfläche werden nicht adressiert.“

Ursachensuche

Auf die Frage, welche konkreten Anreize dafür sorgen, dass diese Fehlentwicklungen möglich sind:
„Ich muss hier etwas spekulieren. Die in Afrika verbliebenen Offenlandschaften sind in vielen Fällen nur dünn besiedelt, werden eher weidewirtschaftlich genutzt und sind seit der Kolonialzeit oft Staatsland, auf dem die Nutzer nur traditionelle Nutzungsrechte haben. Die oft mobil lebenden Tierhalter werden von den nationalen Eliten in vielen Fällen als primitiv oder problematisch angesehen, haben oft nur wenig politische Macht oder gehören nicht den Mehrheitsethnien der heutigen Staaten an. Diese Gebiete werden also im heutigen Zustand nicht als ‚originäre wertvolle Ökosysteme‘, sondern als wertlose oder sogar problematische Verfügungsmasse betrachtet. Diese Gemengelage macht es für Regierungen relativ einfach, auf dieses Land zuzugreifen, um es nutzbar zu machen. Wenn man sich die Summen anschaut, die da im internationalen Raum im Spiel sind, ist die Versuchung natürlich groß.“

Auf die Frage, inwiefern Lücken im Regelwerk der entsprechenden Verträge ausgenutzt und warum diese nicht geschlossen werden:
„Verhandlungen zur Klima- und Biodiversitätspolitik sind keine wissenschaftlichen Veranstaltungen, sondern zähe politische Aushandlungsprozesse zwischen Regierungen des globalen Nordens und Südens, mit Beteiligung von internationalen Organisationen und ökonomischen Lobbygruppen, von institutionellen Stakeholdern und so weiter, auch unter Beteiligung von einigen Vertretern der Zivilgesellschaft und von Umweltverbänden sowie der wissenschaftlichen Community. Die Ergebnisse sind also zwangsläufig Kompromisse. Dazu kommt, dass Klima- und Biodiversitätskrise international nicht zusammen, sondern getrennt voneinander verhandelt werden. Von daher werden gerne mal auf einem Klimagipfel (COP) Beschlüsse gefasst, die die Biodiversitäts-Community schaudern lassen.“

Globales Problem

Auf die Frage, inwiefern sich in anderen Regionen der Welt vergleichbare Probleme zeigen:
„Natürlich gibt es andere Regionen der Welt, wo dasselbe passiert. Den brasilianischen Savannen des Cerrado geht es noch schlechter als den afrikanischen Savannen und in Südostasien ist die Lage nicht besser. Auch in außertropischen Trockengebieten werden ‚wertlose‘ Steppen- oder Gebirgslandschaften gerne mit schnellwachsenden, nicht einheimischen Baumarten aufgeforstet, und heutzutage wird das dann gerne mit der positiven Klimabilanz gerechtfertigt, was auch hier nicht stimmt.“

„Die wirklichen Potenziale für Klima- und Biodiversitätsschutz liegen in Afrika wie auch global im Erhalt der noch bestehenden naturnahen Wald- und Savannenökosysteme, aber das ist aus vielen Gründen eine weit schwierigere Baustelle. Schutzkonzepte und nachhaltige Nutzungssysteme müssen nämlich jeweils örtlich mühsam mit Anliegergemeinden und Landnutzern ausgehandelt werden und können nicht am grünen Tisch über viele Millionen Hektar ausgerollt werden.“

Literaturstellen, die von den Expertinnen und Experten zitiert wurden

[1] The Bonn Challenge: Restore our future. Webseite der Initiative.

[2] Dooley K et al. (2022): The Land Gap Report.

[3] Deprez A et al. (2024): Sustainability limits needed for CO2 removal. Science. DOI: 10.1126/science.adj6171.

Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden

[I] African Forest Landscape Restoration Initiative: People Restoring Africa’s Landscape. Webseite der Initiative AFR100.

[II] Hanson C et al. (2015): The Restoration Diagnostic. A Method for Developing Forest Landscape Restoration Strategies by Rapidly Assessing the Status of Key Success Factors. World Resources Institute. DOI: 10.13140/RG.2.1.4914.1846.