Jüngst sorgte ein dpa Interview des CEO der Prüforganisation Dekra in der Fachwelt für Aufmerksamkeit, in dem der DEKRA Vorstandsvorsitzender Stan Zurkiewicz gegenüber den Nachrichtenagentur dpa behauptete, dass für einen breit angelegten Einsatz von Wasserstoff die Infrastruktur in Deutschland noch nicht bereit sei.

Wasserstoff sei eine hochexplosive Chemikalie. Und es sei eine Chemikalie, die die Behälter, in denen sie transportiert würde sehr aggressiv angreife. Die Materialien könnten verspröden und Gas könne austreten.

In Zukunft müssten vor allem Erdgas-Pipelines für den Transport von Wasserstoff umfunktioniert werden. Dabei müsse auch die Frage gestellt werden, ob die bestehende Infrastruktur angesichts der chemischen Eigenschaften von Wasserstoff sicher genug sei. Er würde sagen: Noch nicht.

FAIReconomics hat bei Spezialisten nachgefragt. Das niederländische Infrastrukturunternehmen GASUNIE, das sich auch mit der Umstellung von Gas- auf Wasserstoffpipelines beschäftigt, erläutert einerseits, dass die Nutzung von Pipelines für den Transport von Wasserstoff seit vielen Jahren und weltweit bereits erprobte Praxis und damit auch bereits so etwas wie „State-of-the-art“ sei.

Auf den ersten Blick scheint der Transport von Wasserstoff in Erdgasleitungen vergleichsweise aufwendig zu sein, da sich H2 und Erdgas stark in ihrer Energiedichte pro Volumen unterscheiden. Wasserstoff enthält etwa ein Drittel der Energie, die fossile Gase des selben Volumens liefern, folglich könnte man daraus schließen, dass eine alte Gaspipeline, die nun zur Durchleitung von Wasserstoff eingesetzt wird, lediglich eine 30prozentige Leistungsfähigkeit habe. 

Da Wasserstoff eine geringere Dichte sowie eine geringere dynamische Viskosität als Erdgas hat, kann H2 mit höheren Durchflussraten transportiert werden. Somit kann eine auf Wasserstoff umgerüstete Erdgaspipeline 80 bis 90 Prozent der ursprünglichen Energietransportkapazität unter ansonsten gleichen Bedingungen liefern.

Die technische und wirtschaftliche Machbarkeit der Umstellung von Erdgas-Pipelines auf den vollen Wasserstoffbetrieb wurde in praktischen Anwendungen erfolgreich erprobt. Die Befürchtungen einiger Experten, dass das Phänomen der Wasserstoffversprödung ein Ausschlusskriterium für den Betrieb von Pipelines mit Wasserstoff darstellt, ist erfolgreich widerlegt worden.

Vorhandene Wasserstoffleitungen können umgestellt werden

Vorhandene Erdgasfernleitungen sind, das bestätigt ein Gutachten des TÜV Nord, grundsätzlich für den Transport von Wasserstoff geeignet und können von Erdgas auf H2 umgestellt werden. Das niederländische Unternehmen GASUNIE hat dies im Südwesten der Niederlande gezeigt. Hierbei müssen lediglich einzelne Komponenten, die nicht für den Wasserstofftransport ausgelegt sind, ausgetauscht werden. Dazu gehören Mess- und Regelanlagen oder auch die Kompressoren. Hinzu kommt, der Zustand der Integrität der Leitungen regelmäßig überprüft wird und somit bekannt ist. Ferner stellt das Gutachten fest, dass weiterführende Maßnahmen wie eine neue Innenauskleidung der Pipeline nicht notwendig sind. 

Zudem bestehen internationale und nationale technische Standards für die sichere Auslegung und den sicheren Betrieb von Wasserstoff-Pipelines.

Für die Auslegung und den Betrieb von Erdgas- und Wasserstoffleitungen ist in Deutschland das DVGW Regelwerk anzuwenden. „Die Besonderheiten von Wasserstoff, insbesondere die sicherheitstechnisch relevanten Unterschiede zum Energieträger Erdgas, sind bekannt, und werden durch Anwendung der technischen Standards für die Errichtung und den sicheren Betrieb von Wasserstoff Infrastrukturen berücksichtigt“, heißt es dazu weiter unisono bei vielen Betreibern von Wasserstoffinfrastrukturen.