In der kenianischen Hauptstadt Nairobi gehen vom 13. bis 19. November 2023 die Verhandlungen um das anvisierte globale Plastikabkommen unter dem Dach der Vereinten Nationen in eine nächste Runde. Forschende des Helmholtz-Zentrums Hereon liefern mit internationalen Partnern ergänzende wissenschaftliche Faktenchecks und Hintergründe zum Thema – auch mit einem neuen Quiz, das sich dem Thema spielerisch nähert. Gebündelt wird das aufbereitete Wissen in der Online-Anwendung Coastal Pollution Toolbox des Hereons.

Es ist die dritte Verhandlungsrunde, in der das geplante Plastikabkommen weiter vorangetrieben werden soll. Nachdem sich die ersten beiden Treffen des zwischenstaatlichen Verhandlungs-Komitees (INC) in Uruguay und Frankreich um die Rahmenbedingungen des Abkommens drehten, liegt nun der sogenannte ‚Zero Draft’ vor – ein erstes Papier mit möglichen Maßnahmen gegen die Verschmutzung und Risiken durch Plastik über den gesamten Produktzyklus. – von der Produktion über die Nutzung bis zur Entsorgung. Bei der INC-3 in Kenia soll dieser Entwurf diskutiert und weiter ausgearbeitet werden.

Das Helmholtz-Zentrum Hereon liefert dazu in Zusammenarbeit mit der University of Strathclyde in Glasgow und der Kommunikationsagentur Ahnen&Enkel ausführliche Faktenchecks und Hintergründe. Die folgenden Tools und Artikel sind nun auf der Coastal Pollution Toolbox (CPT) – jüngst zum Projekt der UN-Ozeandekade erklärt – im Internet in englischer Sprache verfügbar.

Plastic Mythbusters

Das Web-Quiz Plastic Mythbusters eröffnet einen spielerischen Zugang: Mit dem Tool können Besucherinnen und Besucher ihr Plastikwissen testen. Welche Aussagen, die in den Medien und im öffentlichen Diskurs viral kursieren, stimmen wirklich? Welche sind unsicher oder entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage? Das Quiz basiert auf einer crowdgesourcten Sammlung von Fakten und Mythen, die Plastik-Expertinnen und Experten vor vier Jahren eigeninitiativ über soziale Medien zusammenstellten. Ist es beispielsweise ein Fakt oder ein Mythos, dass wir jede Woche Plastik in der Menge einer Kreditkarte zu uns nehmen? Experten kommen zu dem Ergebnis, dass diese Behauptung dem Stand der wissenschaftlichen Forschung nicht entspricht. Die Tatsache, dass eine gewisse Menge von Mikroplastik in den Körper gelangt, sei unstrittig, die Menge aber unklar. Andere Studien gehen davon aus, dass der Mensch weniger als das Äquivalent eines Salzkorns pro Woche zu sich nimmt.

Das Team des Hereon-Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes und Partner der University of Strathclyde haben die prominentesten Plastikmythen ausgewählt und mit ausführlichen Faktenchecks geprüft und aktualisiert. Jeder Faktencheck ist in einer Kurz- und einer Detailfassung verfügbar, die weitere Informationen liefert. Der detaillierte Check wurde von anerkannten Forschenden begutachtet, die international zum Thema Plastik in der Umwelt arbeiten. Neben Mythen werden auch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse rund ums Thema in das Quiz eingebettet.

„Ein spielerischer Zugang ist eine großartige Möglichkeit, wissenschaftliche Themen zu vermitteln, und wir hoffen, dass alle, die sich für das Plastik-Thema interessieren, diese Möglichkeit der Auseinandersetzung nützlich finden und es zum Nachdenken anregt“, sagt Prof. Lesley Henderson von der University of Strathhclyde.

„Natürlich geht es nicht darum, das Problem von Plastik in der Umwelt kleinzureden. Im Gegenteil: Mit Mythen aufzuräumen, ist ein wichtiger Schritt, sich den Fakten zu nähern. Wissenschaft funktioniert, ganz wesentlich dadurch, dass Unsicherheiten abgeschätzt und klar kommuniziert werden. Darauf hat die Gesellschaft einen Anspruch“, sagt Hereon-Institutsleiter Prof. Ralf Ebinghaus. Dass dies durchaus praktische Konsequenzen für Entscheidungsträger hat, wird verdeutlicht von Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), einer international renommierten Expertin auf diesem Gebiet: „Wenn man zum Beispiel glaubt, dass es im Nordpazifik einen Müllteppich von der Größe Frankreichs und Deutschland gibt, befürwortet man wahrscheinlich Ocean Cleanups. Weiß man jedoch, dass sich das Plastik dort über riesige Flächen verteilt und eine Art sehr dünne Plastiksuppe ergibt, erscheint dieser Ansatz weniger sinnvoll, besonders, wenn gleichzeitig immer mehr Plastik dazu kommt, weil die Produktion nicht gedrosselt wird.“

Hintergrund-Artikel

Der englischsprachige Hintergrund-Artikel „Der Weg zum globalen Plastikabkommen“ beschreibt den Prozess und die Themen der Verhandlungen zum gemeinsamen Abkommen. Anhand eines Zeitstrahls wird die ambitionierte Agenda der Vereinten Nationen nachgezeichnet, die bereits Mitte 2025 ein Abkommen hervorbringen soll. Statements von Forschenden aus der globalen Wissenschafts-Community zu Plastikverschmutzung und Kreislaufwirtschaft erläutern, was aus wissenschaftlicher Sicht berücksichtigt werden muss – damit die ökologischen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Probleme von Kunststoffen wirklich gelöst werden.

Microplastic Compendium

Für alle, die tiefer einsteigen möchten, erläutert das Microplastic Compendium im Detail die wissenschaftlichen Hintergründe zum Thema Mikroplastik. Im Web-Kompendium finden Userinnen und User fundierte Informationen und viele anschauliche Grafiken zum Ausmaß der Verschmutzung, den möglichen Folgen und auch politisch umsetzbaren Lösungswegen.

„Für ein erfolgreiches Plastikabkommen ist zentral wichtig, dass die Diskussion und die Entscheidungen auf einer wissenschaftlichen Grundlage stattfinden“, sagt Projektleiter Ralf Ebinghaus. „Auf der Coastal Pollution Toolbox wollen wir mit spielerischen, informativen und hintergründigen Formaten im Internet allen Interessierten einen fundierten, aber auch unterhaltsamen Einstieg ermöglichen.“

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