Der Zugang zu Lebensmitteln ist für westliche Gesellschaften problemlos möglich – aber auch selbstverständlich? Landwirte leiden schon heute unter zu geringen Mengen an Agrarerzeugnissen, weil sogenanntes Unkraut ihre Felder belastet. Da die wilden Pflanzen gegen Herbizide Resistenzen ausgebildet haben, können sie den Nutzpflanzen ungehindert schaden und so langfristig die Nahrungsmittelsicherheit bedrohen.
Statt diese Unkräuter nur zu bekämpfen, lässt sich aber auch davon profitieren: Im Projekt »Sweedhart« entwickelt das Fraunhofer Institut UMSICHT neue Methoden, um der Unkrautbelastung entgegenzuwirken und die Pflanzen gleichzeitig als Energieträger zu nutzen.
Unkraut ist längst nicht nur ein Problem von Hobbygärtnern, sondern eins für die gesamte Gesellschaft: Die wilden Pflanzen wachsen auf den Feldern von Landwirten und behindern somit die gesunde Entwicklung der dort angebauten Nutzpflanzen. Schon jetzt hat die Anwesenheit der ungebetenen Gäste einen negativen Einfluss auf den Ernteertrag der Landwirte und stellt somit eine Bedrohung für die weltweite Nahrungsmittelsicherheit dar.
Um der Unkrautbelastung entgegenzuwirken, werden derzeit Herbizide eingesetzt. Doch die wilden Pflanzen haben in den letzten Jahren verstärkt Resistenzen gegen die Unkrautvernichtungsmittel entwickelt, weshalb deren Effektivität immer weiter zurückgeht. Gleichzeitig ist die Entwicklung neuer Herbizid-Sorten weitestgehend erschöpft oder wegen Risiken für die Umwelt durch EU-Richtlinien eingestellt worden.
Unkraut: Schädling und Energieträger
Es bedarf neuer Alternativen, um die weltweite Unkraut-Belastung auf agrarwirtschaftlich betriebenen Feldern zu reduzieren. Am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT ist im Mai 2016 das Projekt »Sweedhart« gestartet, das genau an dieser Schnittstelle ansetzt. »Wir adressieren die Problematik, indem wir untersuchen, wie der Unkrautbefall der Felder auch ohne Herbizide gehemmt werden kann«, erzählt Dr. Christoph Glasner von Fraunhofer UMSICHT, der das Forschungsprojekt koordiniert. Gleichzeitig soll die Forschung einen Beitrag zur Biomasseproduktion leisten – und auch in diesem Rahmen spielt Unkraut eine große Rolle.
Während der Feldernte führt die Verarbeitung des Mähguts durch den Mähdrescher zu etwa 25 Prozent Häcksel, das aus kurz geschnittenem Heu, Stroh, aber auch energiereichen Unkrautsamen besteht. Ohne weitere Behandlung werden diese Überreste meist zurück auf die Felder geführt. Dadurch bleibt das in der Biomasse gespeicerhte Energiepotenzial nicht nur ungenutzt, sondern führt auch dazu, dass die nächste Unkrautgeneration auf den Feldern heranwachsen kann. »Ein Ziel von Sweedhart ist es deshalb, die Unkrautsamen bereits während der Ernte durch die Abwärme des Mähdreschers thermisch zu desinfizieren und so die Keimung des Unkrauts zu unterbinden«, erklärt Dr. Glasner.
Mehr Biomasse, weniger Kohlendioxid-Emission
In einem nächsten Schritt will die Forschergruppe untersuchen, wie sich die Häcksel weiter verwerten lassen: Beispielsweise als erneuerbare Energiequelle durch Verbrennung, aber auch als Ausgangsstoff für Materialien oder als neue Quelle für die Tierfütterung. Innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit soll die Realisierbarkeit des Konzepts eingehend geprüft werden. »Am Ende wollen wir einen Katalog an erfolgreichen sowie nachhaltigen Maßnahmen bereitstellen, die die Unkrautbelastung auf Feldern verhindern und dem wachsenden Problem der Herbizid-Resistenz und dem invasivem Unkrautwachstum entgegenwirken.« Durch den Einbezug des Unkrauts für die Biomasseproduktion birgt das Sweedhart-Konzept großes Potential, eine nachhaltige Agrarkultur mitzugestalten und einen wichtigen Beitrag auf dem Weg hin zu einer biobasierten Wirtschaft zu leisten.
Derzeit entwickelt das Projektteam ein Hygenisierungskonzept während der Ernte, erarbeitet mechanische Maßnahmen, damit weniger Unkraut auf dem Feld verstreut wird und evaluiert die Verwertungsmöglichkeiten von Nebenprodukten.
Über das Projekt
»Sweedhart« wird als eins von 14 europäischen Projekten im Rahmen von FACCE SURPLUS (Sustainable and Resilient agriculture for food and non-food systems) mit insgesamt 1,45 Millionen Euro gefördert. FACCE SURPLUS ist ein von der Europäischen Union gestartetes Vorhaben, das eine nachhaltige Biomasseproduktion und –konversion zur Verwendung als Lebensmittel und zur industriellen Nutzung anstrebt.
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