Energie, Energieeffizienz und Immobilien bilden einen engen Zusammenhang. Wie macht sich die Energiewende alltäglich bemerkbar und welche Schritte müssen gegangen werden, um sie Erfolg zu führen, wollten wir von Professor Schwintowski wissen.
Schwintowski ist anerkannter Experte für das Thema Netzoptimierung und leitet eine eigens hierfür beim EWeRK eingerichtete Forschungsstelle. Ferner ist Schwintowski seit 1996 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates beim Bund der Versicherten (BdV).
„Warum sollen wir, wenn wir doch zukünftig Energie im Überfluss haben – Energie sparen?“ fragt Professor Dr. Hans Peter Schwintowski provokant. Obwohl Strom durch erneuerbare Energien verstärkt in die Netze drängt und die Strompreise an der Leipziger Strombörse historische Tiefstände erreichen, steigen die Energiepreise weiter an.
Dies, befürchtet der Energierechtler, werde voraussichtlich auch in den kommenden Jahren so bleiben, da die Kosten der Energiewende bislang in realistischer Höhe nicht abzubilden sind.
Und eine ganze Reihe weiterer Herausforderungen kommen auf die Energieverbraucher und somit auch auf die Immobilienwirtschaft noch hinzu.
Der unvollständige Netzausbau in Deutschland, der aufgrund fehlender Kapazitäten permanent zu einem Blackout führen könne, und nach wie vor nicht vorhandene Speicherkapazitäten für Energie gehören zu den Hausaufgaben, die die neue Große Koalition dringend anpacken müsse.
Zu wenig Speicher
Drängend, so Schwintowski, müsse das Problem des Storage, also der Speicherung von Strom, in den kommenden Jahren angegangen werden.
Technisch könnten dies beispielsweise Batterien auf der Basis von Katalysatoren sein, die aus biegsamer und bruchsicherer Keramik im Nanobereich bestehen, die auf Metallplatten aufgesprüht wird. Durch dichtes Wickeln werden diese zu Speichern mit einer enormen Kapazität. Batteriegroßspeicher mit jeweils ein 1 MW sind bei Vattenfall im Innovationspark Berlin am Netz und lassen sich vielfältig einsetzen.
Wie wichtig dieses Storage, als Backbone der deutschen Energieversorgung ist, erklärt Schwintowski so: „Strom – z. B. aus einem Windrad oder einer Solaranlage muss dann gespeichert werden, wenn die Energie gerade nicht gebraucht wird, sonst entstehen Stromspitzen die das Netz überlasten. Umgekehrt: Die Einspeisung in das Übertragungs- und Verteilungsnetz wird mithilfe der Speicher verstetigt – das heißt die Lastspitzen werden abgeschnitten.“
Speicher als Grundlast
Der Vorteil von Speichern bestehe darin, so Schwintowski weiter, dass auf den langwierigen und komplizierten Ausbau des Stromnetzes verzichtet werden könne, weil man stattdessen den Strom in Speichern zwischenlagert und stetig in das Netz ausspeisen könnte. Auf diese Weise würden Erneuerbare Energien grundlastfähig, denn mithilfe eines Speichers kann auch ein Windrad oder eine Solaranlage jederzeit und kontinuierlich eine vorgegebene Menge an Energie ins Netz abgeben.“
Ringen nach Deutungshoheit
Wie sich der Strommarkt in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist derzeit noch offen. „nach der eingeleiteten Energiewende, ringen alle Marktteilnehmer und Interessenvertreter nach Luft- und Deutungshoheit. Noch sei längst nicht ausgemacht, dass die dezentrale Energieversorgung über kleine Wind-, Solar- oder Gaskraftwerke langfristig obsiegen würden. „Denken Sie daran, dass der Einfluss der Energieversorger auf Politik und die Arbeitsplatzdiskussion hier in Deutschland sehr groß ist“, gibt der Energierechtler zu bedenken.
Preisspirale durchbrechen
Eines ist für den Fachmann jedoch sicher: Seitdem die Einspeisevergütung niedriger ist als der Bezugspreis für Strom aus dem Netz, lohnt sich die Eigennutzung von Solar- und Windenergie immer mehr.
In der Konsequenz bedeute dies jedoch, diese propagierte Stromautarkie würde dazu führen, dass immer weniger Unternehmen und Haushalte das Stromnetz nutzen. Wer seinen Strom selbst produziert und verbraucht, zahlt dafür keine Umlage zur Ökostrom-Förderung und kein Entgelt für den Netzausbau. „Je stärker also die Umlagen auf Energie steigen, desto interessanter wird es für Unternehmen aus dem System auszusteigen“, erläutert Professor Schwintowski.
Für den ausgefallenen Beitrag zur Energiewende muss dann der verbleibende Rest aufkommen, mit der Folge dass die Kosten weiter steigen werden. Inzwischen seien mehr als die Hälfte aller deutschen Industrieunternehmen von der Abgabe ganz oder nahezu komplett befreit. Entweder weil sie aus Wettbewerbsgründen als energieintensiv eingestuft sind und deshalb nicht zahlen müssten – oder weil sie ihren Strom selbst produzierten.
„Diese Spirale muss dringend unterbrochen werden“, fordert Professor Schwintowski und sieht hier eine besondere Herausforderung für die Große Koalition..
Das Gespräch führte der Journalist Frank Tetzel.
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