In einer Zeit globaler Krisen und geopolitischer Veränderungen sieht Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die deutsche Entwicklungspolitik als Schlüsselinstrument für eine stabile und gerechte Weltordnung. Der Angriffskrieg auf die Ukraine, die Klimakrise und soziale Ungleichheiten zeigen, dass internationale Beziehungen stärker auf Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung setzen müssen. In ihrem Beitrag beschreibt Schulze eine Vision, die auf multilaterale Partnerschaften und innovative Strukturpolitik setzt. Wohlgemerkt, es ist Wahlkampfzeit und die Ministerin positioniert sich.

Entwicklungspolitik als „Soft Power“

Schulze betont, dass Deutschlands Stärke nicht nur in wirtschaftlicher Macht, sondern auch in seiner „soft power“ liegt – der Fähigkeit, durch vertrauensbildende Maßnahmen langfristige Beziehungen aufzubauen. Dies sei unerlässlich in einer Welt, in der neue Mächte an Einfluss gewinnen und Europa zunehmend politisch fragmentiert agiert.

Globale Herausforderungen gemeinsam angehen

Ein zentraler Pfeiler der deutschen Entwicklungspolitik bleibt der Kampf gegen Armut, Hunger und Ungleichheit im Einklang mit den Zielen der Agenda 2030. Schulze hebt hervor, dass Friedensförderung, Gewaltprävention und soziale Sicherung unverzichtbare Grundlagen für nachhaltige Entwicklung seien – gerade in Krisenregionen wie der Sahelzone oder dem Horn von Afrika. Dabei mahnt sie, dass ohne kluge Klimapolitik und Stabilisierung der betroffenen Regionen Flucht und Migration zunehmen werden.

Mehr Einsatz für Klimaschutz und Finanzierung

Der Klimaschutz steht für Schulze ganz oben auf der Agenda: Länder wie Brasilien, Gastgeber der nächsten Weltklimakonferenz, bräuchten Verbündete, um ehrgeizige Ziele zu erreichen. Hier fordert sie eine stärkere Beteiligung der internationalen Gemeinschaft an der Klimafinanzierung, auch durch innovative Modelle und private Investitionen.

Neuer Fokus auf Gerechtigkeit und Steuerpolitik

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf globaler Steuergerechtigkeit. Illegale Kapitalflucht und Steuervermeidung führten zu erheblichen Einnahmeverlusten im Globalen Süden. Schulze unterstützt daher eine globale Mindeststeuer für Ultrareiche und fordert Maßnahmen gegen Steuervermeidung, um Entwicklungsländer finanziell zu stärken.

Zusammenarbeit und Reformen: Ein multipolares Gleichgewicht

Für Schulze ist klar, dass eine regelbasierte internationale Ordnung nur durch mehr Mitsprache des Globalen Südens in Institutionen wie der Weltbank oder den Vereinten Nationen möglich ist. Die Stärkung multilateraler Strukturen und eine europäische Entwicklungszusammenarbeit seien entscheidend, um geopolitische Rivalen wie China in den Hintergrund zu drängen und nachhaltige Partnerschaften zu fördern.

Vom Helfer zum Partner auf Augenhöhe

Schulze plädiert für ein modernes Verständnis von Entwicklungspolitik, das nicht als „Hilfe“ verstanden wird, sondern als partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dies erfordere Flexibilität und die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure, insbesondere in Ländern mit eingeschränkten Freiheitsrechten. Ihre Vision schließt mit einem klaren Appell: Deutschland müsse seine entwicklungspolitische Ausrichtung überdenken und das Ministerium in „Bundesministerium für internationale Zusammenarbeit“ umbenennen, um den Wandel zu verdeutlichen.