Lange galten Batterien als ungeeignet für den Einsatz in 40-Tonnern, da das notwendige Gewicht die Nutzlast stark reduzierte. Wasserstoff und E-Fuels standen daher im Mittelpunkt der Diskussionen um klimafreundliche Antriebe für Lkw. Doch die Zeiten ändern sich: Eine wachsende Zahl von Herstellern und Speditionen setzt inzwischen auf batterie-elektrische Lastwagen – insbesondere im Kurz- und Mittelstreckenverkehr mit Reichweiten von bis zu 500 Kilometern, der etwa zwei Drittel des Lkw-Verkehrs in Deutschland abdeckt. Erste Einsätze auf längeren Strecken sind ebenfalls zu beobachten.

In einigen Anwendungen können Elektro-Lkw bereits heute langfristig kostengünstiger sein als Dieselfahrzeuge – trotz des Endes des Förderprogramms der Bundesregierung für klimafreundliche Nutzfahrzeuge zum Jahresende 2023. Die Regierung hat zudem entschieden, den Vorstoß der EU abzulehnen, das zulässige Gewicht und die Länge von Elektro-Lkw zu erhöhen, um die durch die schweren Batterien reduzierte Nutzlast auszugleichen.

Ein Vorteil für Speditionen: Die Batterietechnologie hat sich durch die Forschung im Pkw-Sektor deutlich verbessert und ist kostengünstiger geworden. Zudem gibt es seit einigen Jahren Schnellladestationen entlang der Autobahnen, die auch von Elektro-Lkw genutzt werden können.

Daher ist es wenig überraschend, dass auf der diesjährigen IAA Nutzfahrzeuge nicht nur neue batterie-elektrische Lkw präsentiert werden, sondern auch die Ladeinfrastruktur für Lkw im Fokus steht. Erste Unternehmen arbeiten bereits am Ausbau eines Lkw-Ladenetzes. Gleichzeitig plant die Bundesregierung, im September die erste Ausschreibung für ein bundesweites Schnellladenetz für Lkw zu starten. Das Netz soll auf rund 350 Rastplätzen etwa 4.200 Schnellladestationen umfassen.

Um zu verstehen, welche Rolle Elektro-Lkw künftig im Güterverkehr spielen könnten, hat das Science Media Centre wir Experten aus den Bereichen Logistik, Energie und Fahrzeugbau befragt. Ihre Einschätzungen deuten darauf hin, dass E-Lkw eine zentrale Rolle in der Zukunft des Gütertransports einnehmen könnten – mit potenziell weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Branche.

 Inwiefern bieten Batterie-Lkw heute schon eine wirtschaftliche Alternative für Speditionen? Welche Rolle dürften sie für klimafreundlichen Güterverkehr auf der Straße in den kommenden Jahren spielen?

Prof. Dr. Bert Leerkamp, Lehrstuhlinhaber, Lehr- und Forschungsgebiet für Güterverkehrsplanung und Transportlogistik, Bergische Universität Wuppertal:

„Auch schwere batterieelektrische Lkw mit mehr als 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht sind im laufenden Betrieb heute schon eine wirtschaftliche Alternative im Straßengüterverkehr. Das betrifft insbesondere den Einsatz im Stückgutverkehr, bei dem die Fahrtentfernungen zwischen den Speditionshöfen und den zentralen Umschlag-Hubs in der Regel unter 300 Kilometern liegen. Diese Entfernungen können ohne Ladestopp sicher bewältigt werden. Die zurzeit noch deutlich höheren Anschaffungskosten bremsen jedoch die Nachfrage, dadurch die Großserienfertigung und so die eigentlich möglichen Kostensenkungen. Hier ist staatliche Förderung für einen überschaubaren Zeitraum weiterhin gut begründet. Problematisch ist, dass die Stromkosten weiter steigen. Mit dem Ausbau der E-Ladeinfrastruktur wurde zu spät begonnen. Nun müssen hohe Investitionen in kurzer Zeit geleistet werden, für die letztlich die Nutzer zahlen müssen.“

Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe

„Batterie-Lkw werden mittelfristig der dominierende alternative Antrieb bei Lkw sein. Unter guten Bedingungen wie hoher Jahresfahrleistung und günstigem Depotladen können Batterie-Lkw heute schon wirtschaftlich im Vergleich zu Diesel-Lkw sein. In den kommenden Jahren sollten mehr und mehr Anwendungsfälle wirtschaftlich für Batterie-Lkw werden, vor allem, da die Anschaffungskosten sinken werden.“

Prof. Dr. Gernot Liedtke, Leiter der Abteilung Wirtschaftsverkehr, Institut für Verkehrsforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Berlin

„Im Güterverkehr kommt es auf Kosteneffizienz und Zuverlässigkeit an. Bei den Kosten ist die TCO (Total Cost of Ownership) relevant. Diese enthält die Kosten für Strom beziehungsweise Kraftstoffe, die Anschaffungskosten und die Reparaturkosten. Batterie-Lkw sind in der Anschaffung heute noch deutlich teurer als Lkw mit Verbrennungsmotor. Die Lkw-Nutzerkosten (TCO) hängen somit von den jeweiligen Energiekosten für Diesel und Strom ab, um die höheren Anschaffungskosten für E-Lkw auszugleichen. Da E-Fahrzeuge bereits einen hohen Grad an technischer Reife erlangt haben, sind Anschaffungskosten und Differenzpreise zwischen Strom und Diesel die zentralen Parameter. Weiterhin kommt es auch auf Zuverlässigkeit an. Hierbei geht es um die technische Zuverlässigkeit des Fahrzeugs und die Möglichkeit und Flexibilität des elektrischen Ladens.“

„Bei Nahverkehrs-Lkw ist hinsichtlich der TCO inzwischen Kostenparität mit herkömmlichen Lkw gegeben. Hierbei handelt es sich vorrangig um leichte Nutzfahrzeuge. Da sie oft an einem zentralen Standort – zum Beispiel im Depot, von wo sie ihre täglichen Touren starten – geladen werden können, steht dem Markthochlauf nichts mehr im Weg. Hier können auch Logistikunternehmen durch selbst erzeugten Strom die Kosten senken.“

„Beim Straßengüterfernverkehr handelt es sich in der Regel um schwere Lkw und Sattelzüge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen. Auch dort werden sich die TCO von batterieelektrischen Lkw und Verbrenner-Lkw annähern. Dies wird jedoch noch einige Jahre dauern und auch nur unter der Annahme geschehen, dass die Ladeinfrastruktur keinerlei Einschränkung im Betrieb darstellt. Perspektivisch werden zunächst Hauptläufe in Systemverkehren elektrifiziert werden. Gegebenenfalls werden internationale Verkehre zu den Vorreitern zählen, da die Strompreise im europäischen Ausland häufig geringer sind als in Deutschland. Während es für internationale Verkehre essenziell ist, elektrische Lademöglichkeiten auf Raststätten und Autohöfen vorzufinden, ist es für nationale Verkehre wichtig, auch Lademöglichkeiten an den Logistik-Hubs und gegebenenfalls auch bei Versendern und Empfängern vorzufinden. Wichtig ist: Sobald bei den TCO eine Parität erreicht ist, kann die Umstellung auf E-Lkw recht schnell vor sich gehen, sofern eine flächendeckende und flexibel verfügbare Ladeinfrastruktur verfügbar ist. Schließlich wird die Flotte schnell erneuert und der Preiswettbewerb zwischen Fuhrunternehmen ist groß.“