Die Reduktion von Methanemissionen und die Verringerung des routinemäßigen Abfackelns stellen zentrale Bausteine der globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung dar, insbesondere im Upstream-Segment der Öl- und Gasindustrie (O&G). Studien von McKinsey & Company zeigen, dass dieser Bereich allein in der Lage ist, bis zu vier Prozent      der weltweiten Treibhausgasemissionen (THG) zu reduzieren. Methan spielt dabei eine Schlüsselrolle: Etwa die Hälfte der THG-Emissionen im Upstream-Bereich stammt von diesem Treibhausgas, das 80-mal schädlicher für das Klima ist als CO2, wenn es in die Atmosphäre gelangt.

Das schreiben Die Notwendigkeit einer ambitionierten Reduktion ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Seit der Einführung des Global Methane Pledge (GMP) im Jahr 2021 haben sich zahlreiche O&G-Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Methanemissionen drastisch zu senken. Der Druck auf die Branche ist jedoch weiter gestiegen, sowohl durch strengere Regulierungen als auch durch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fokus auf Klimaneutralität. Bei der COP28 im Dezember 2023 unterzeichneten Unternehmen, die zusammen rund 50 % der globalen Ölproduktion repräsentieren, die Oil & Gas Decarbonization Charter. Diese sieht vor, bis 2030 „nahezu null Methanemissionen“ und „kein routinemäßiges Abfackeln“ zu erreichen.

Die Technologien zur Umsetzung dieser Ziele stehen laut McKinsey bereits zur Verfügung. Moderne Systeme zur Methanüberwachung und -rückgewinnung, Energieeffizienzmaßnahmen und Elektrifizierungen von Förderprozessen sind nicht nur technisch ausgereift, sondern in vielen Fällen auch wirtschaftlich tragfähig. Die Implementierung dieser Lösungen erfordert jedoch erhebliche Investitionen. Der geschätzte Kapitalbedarf beläuft sich auf rund 200 Milliarden US-Dollar. Davon sind etwa 120 Milliarden US-Dollar für den Ausbau von Infrastrukturen vorgesehen, die notwendig sind, um aufgefangenes Methan aus Fördergebieten in Gasleitungen oder zu Nachfragezentren zu transportieren.

Unterschiedliche Wirklichkeiten

Die regionale Perspektive zeigt dabei deutliche Unterschiede: Afrika, Lateinamerika und die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) gehören zu den Regionen mit den höchsten Methanemissionen. Gleichzeitig verfügen diese Gebiete über eine vergleichsweise schwache Infrastruktur zur Gasabführung. McKinsey betont, dass der Ausbau solcher Strukturen, etwa in Form von Gasleitungen oder modularen LNG-Systemen, dort besonders dringend ist. Auch innovative Technologien wie die Umwandlung von Methan in Methanol könnten in diesen Regionen zum Einsatz kommen. Die Entwicklung solcher Lösungen ist jedoch komplex und erfordert regulatorische Genehmigungen sowie enge Kooperationen zwischen internationalen und lokalen Akteuren.

Die Bedeutung der Methanreduktion ergibt sich aus ihrem enormen Potenzial: Methanemissionen könnten bereits heute um bis zu 90 Prozent gesenkt werden, wenn bestehende Technologien konsequent eingesetzt würden. Zu den bewährten Maßnahmen zählen die Überwachung und Rückgewinnung von Methanleckagen, die Verbesserung der Energieeffizienz von Anlagen und die Reduzierung von routinemäßigem Abfackeln. Solche Schritte sind nicht nur technisch machbar, sondern oft auch kosteneffizient. McKinsey prognostiziert, dass diese Maßnahmen bis 2030 Einsparungen von bis zu zwei Gigatonnen CO2-Äquivalent (CO2e) pro Jahr ermöglichen könnten. Dies entspricht einer Halbierung des Kohlenstoff-Fußabdrucks der Branche und einer Reduktion der globalen THG-Emissionen um bis zu vier Prozent.

Finanzierungsmodelle sind notwendig

Dennoch reichen technologische Lösungen allein nicht aus. Die Umsetzung erfordert neue Finanzierungsmodelle und strategische Partnerschaften. Internationale Kooperationen zwischen großen Ölkonzernen, nationalen Ölgesellschaften und kleineren lokalen Akteuren sind entscheidend, um die notwendigen Investitionen zu mobilisieren und die Effektivität der Maßnahmen zu maximieren. Zielgerichtete Investitionsfonds, regulative Anreize und innovative Geschäftsmodelle könnten zusätzliche Potenziale freisetzen und die Attraktivität von Methanreduktionen steigern.

McKinsey sieht in der Methanreduktion nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftliche Chance für die Öl- und Gasindustrie. Sie bietet der Branche die Möglichkeit, eine Führungsrolle bei der globalen Dekarbonisierung einzunehmen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Der Ausbau der Methanabführungsinfrastruktur und der Einsatz bewährter Technologien könnten die Emissionen der Branche signifikant senken und gleichzeitig die Basis für nachhaltiges Wachstum schaffen.

Mit Blick auf die Klimaziele bis 2030 ist jedoch klar, dass die Zeit drängt. Die nächsten fünf Jahre sind entscheidend, um die ambitionierten Vorgaben zu erreichen und den Weg zur Klimaneutralität zu ebnen. Laut McKinsey bietet die Reduktion von Methanemissionen eine der kosteneffizientesten Möglichkeiten, einen substantiellen Beitrag zur globalen Emissionsminderung zu leisten. Es ist eine einmalige Gelegenheit für die O&G-Industrie, nicht nur Teil der Lösung zu werden, sondern auch langfristig ihre Rolle in einer nachhaltigeren Welt zu sichern.

Dieser Artikel erschien usprünglich in Horizon dem EU Research and Innovation Magazine.