Manuelle Demontage
Trotz eines beeindruckenden Maschinenparks bereiten mehr als die Hälfte der Mitarbeiter des Standorts die ausrangierten Gegenstände manuell für das Recycling vor. Dazu sortieren sie den eingehenden Abfall und entfernen die Batterien, die eine Brandgefahr darstellen und eine große Herausforderung beim Recycling von Elektroschrott sind.
„Es gibt immer mehr Geräte, sie werden immer kleiner, und sie alle enthalten Lithiumbatterien, die zum Teil fest eingebaut, verlötet oder verklebt sind“, sagt Hannes Fröhlich, Geschäftsführer von Electrocycling.
„Es ist kein Traumjob, diese Geräte jeden Tag mit Hammer und Zange zu zerlegen. Ich denke, wir können das besser.“ Einige dieser mühsamen Aufgaben könnten von Robotern übernommen werden. Das Problem ist jedoch, dass bei jeder Änderung des Produkts oder des Prozesses die Hard- und Software umstrukturiert werden muss. Dies kann kostspielig und zeitaufwändig sein. Eine von der EU geförderte Forschungsinitiative namens ReconCycle hat es geschafft, den Prozess zu automatisieren, indem sie Roboter entwickelt hat, die sich für verschiedene Aufgaben neu konfigurieren können.
Neuland für die Robotik
Forscher aus Slowenien, Deutschland und Italien arbeiteten von 2020 bis 2024 am Jožef-Stefan-Institut, Sloweniens führender Forschungseinrichtung, gemeinsam an diesem Thema. Das Team entwickelte anpassungsfähige, KI-gestützte Roboter, die in der Lage sind, Batterien aus Rauchmeldern und Heizungswärmemessern zu entfernen. Diese beiden Produkte sind in den meisten Haushalten zu finden und werden alle fünf bis acht Jahre ausgetauscht, wodurch große Mengen an Abfall entstehen. „Die größte Herausforderung ist, dass es von jedem Gerät so viele verschiedene Versionen gibt. Man denke nur daran, wie viele verschiedene Fernbedienungen es gibt“, sagt Dr. Aleš Ude. Er ist Leiter der Abteilung für Automatik, Biokybernetik und Robotik am Jožef-Stefan-Institut und koordiniert das ReconCycle-Forschungsteam. In der Industrie werden Roboter in der Regel für eine bestimmte Aufgabe programmiert und wiederholen genau dieselbe Reihe von Bewegungen in einer vorhersehbaren Umgebung. Stattdessen wollten die Forscher einen Roboter schaffen, der sich mithilfe modernster KI an viele verschiedene Aufgaben anpassen kann. „Wir wollten die Robotik erweitern und Roboter dort einführen, wo es noch keine gibt“, sagte Ude.
Ein wachsendes Problem
In Zusammenarbeit mit Electrocycling hat das internationale Forschungsteam von Ude eine anpassungsfähige Roboterarbeitszelle entwickelt. Dabei handelt es sich um einen Arbeitsraum, der aus mindestens einem Roboter, seinen Werkzeugen und Geräten sowie seiner Steuerung besteht.
Das Neue daran ist, dass sich dieses geschlossene System mit Hilfe komplexer KI-gesteuerter Software und modularer Hardware, die schnell neu konfiguriert werden kann, autonom an verschiedene Aufgaben anpasst. Es verwendet auch weiche Komponenten wie SoftHand, eine menschenähnliche Hand, die Objekte mit großer Präzision manipulieren kann. Außerdem gibt es Sicherheitsfunktionen wie kollaborierende Roboter und Not-Aus-Tasten. Die internationale Zusammenarbeit war entscheidend, um das richtige Fachwissen zu sichern, so Ude.
„Die Robotik ist sehr interdisziplinär, daher ist es schwierig, die richtigen Partner in einem Land zu finden.
Glücklicherweise kommen die neuen Roboter genau zum richtigen Zeitpunkt, denn die Menge des jährlich produzierten Elektroschrotts nimmt weiter zu. In der EU werden jedes Jahr fast 5 Millionen Tonnen Elektroschrott produziert, was etwa 11 Kilogramm pro Person entspricht. Weniger als 40 % davon werden recycelt, warnt das Europäische Parlament.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden allein im Jahr 2022 weltweit rund 62 Millionen Tonnen Elektroschrott produziert – genug, um 1,5 Millionen 40-Tonnen-Lkw zu füllen. Noch besorgniserregender ist, dass die Menge des Elektroschrotts fünfmal schneller steigt als die Menge, die recycelt wird. Die EU bemüht sich um eine Reduzierung des Elektroschrotts durch die Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte, die Standards für die Sammlung und das Recycling festlegt. Die Arbeit des Ude-Teams steht auch im Einklang mit der digitalen Strategie der EU, die den Einsatz von KI in der Fertigung fördert, um die Effizienz zu verbessern und die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
Geld wegschmeißen
Elektroschrott hat auch ernste wirtschaftliche Auswirkungen. Laut dem globalen E-Müll-Monitor der UN gehen jedes Jahr schätzungsweise 84 Milliarden Euro verloren, wenn wertvolle Metalle wie Kupfer, Eisen und Gold weggeworfen statt wiederverwendet werden. 80 Prozent des E-Mülls werden bei Electrocycling als Rohstoffe zurückgewonnen, wie Eisen, Zink, Gold, Silber und Palladium – insgesamt etwa 35 Materialien.
„Die Menschen müssen verstehen, dass es sich nicht nur um Abfall handelt, sondern auch um Rohstoffe, die recycelt und im Kreislauf gehalten werden müssen, sowohl aus Gründen der Wirtschaftlichkeit als auch der CO2-Reduzierung“, so Fröhlich.
Neue Technologien können dies noch effizienter machen, und Fröhlich sieht darin ein großes Potenzial.“Ich war überrascht, wie weit die Technologie und die KI bereits fortgeschritten sind“, sagte er. „Sie haben sogar eine menschliche Hand für den Roboter nachgebildet“. Ude hofft, die Zusammenarbeit mit Electrocycling fortsetzen zu können, um die Lösungen für Elektroschrott weiter zu verbessern. Die Hoffnung ist auch, dass anpassungsfähige Roboter, die mit wechselnden Umgebungen umgehen können, weit über das Recycling von Elektroschrott hinaus Anwendung finden werden.
Mit mehr Zeit und Entwicklung könnten diese Roboter sogar die allgemeine Haushaltsführung übernehmen oder das Pflegepersonal in Seniorenheimen unterstützen, so Ude. „Die Robotik könnte in solchen Bereichen eine große Hilfe sein“.
Die Forschung in diesem Artikel wurde durch das Horizon-Programm der EU finanziert. Die Ansichten der Interviewpartner spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Kommission wider. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, empfehlen wir Ihnen, ihn in den sozialen Medien zu teilen.
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