Die globale Weinproduktion ist 2024 auf den niedrigsten Stand seit über 60 Jahren gesunken – und der Haupttreiber dafür ist der Klimawandel. Wie die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) mitteilt, sank die weltweite Erzeugung auf 225,8 Millionen Hektoliter – ein Minus von 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch hinter dieser Zahl verbirgt sich weit mehr als eine schwache Ernte: Sie ist Ausdruck eines sich wandelnden Klimasystems mit massiven Auswirkungen auf landwirtschaftliche Produktionsprozesse.
Klimaextreme statt mediterraner Idylle
Der Weinbau, traditionell eng verbunden mit stabilen Jahreszeiten und feinen klimatischen Abstimmungen, wird zunehmend zum Opfer klimatischer Unberechenbarkeit. Laut OIV sind es Starkregen, Hagelstürme, Spätfröste im Frühjahr, Trockenperioden und daraus resultierender Schädlingsbefall, die den Reben in immer mehr Regionen zusetzen. Diese Extreme treten nicht mehr vereinzelt, sondern geballt und in wechselnden Mustern auf – ein typisches Zeichen für die fortschreitende Klimakrise.
In Frankreich, dem zweitgrößten Weinproduzenten der Welt, fiel die Produktion um dramatische 23,5 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1957. Auch in Deutschland – immerhin viertgrößter Erzeuger in Europa – sorgten Wetterkapriolen für ein Produktionsminus von 9,8 Prozent. Selbst Italien und Spanien, lange Zeit als klimatisch privilegiert geltend, konnten sich den Folgen nicht entziehen.
Wirtschaftliche Folgen und struktureller Wandel
Zwar tragen auch ökonomische Faktoren wie Inflation, schwache Nachfrage und ein verändertes Konsumverhalten zur Krise bei – der eigentliche Treiber bleibt jedoch das instabile Klima. Die Produktion geht zurück, der weltweite Konsum sank 2024 ebenfalls auf ein Rekordtief von 214,2 Millionen Hektolitern – ein Minus von 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die Branche reagiert bereits: Viele Winzer stellen sich auf den Wandel ein, experimentieren mit klimaresilienten Rebsorten, neuen Anbauhöhen oder angepassten Erntezeitpunkten. Doch diese Anpassungen sind teuer und komplex – und sie werfen die Frage auf, wie sich traditionelle Weinkulturen unter Klimadruck neu definieren lassen.

Globale Temperaturabweichung und Weinproduktion 2015–2024 Die Grafik zeigt die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperaturen im Vergleich zur weltweiten Weinproduktion. Deutlich erkennbar: Während die Temperaturabweichung gegenüber dem vorindustriellen Niveau kontinuierlich steigt – von 0,87 °C im Jahr 2015 auf geschätzte 1,25 °C im Jahr 2024 – sinkt die globale Weinproduktion im selben Zeitraum von rund 270 Mio. Hektolitern auf nur noch 225,8 Mio. Hektoliter.
Der historische Produktionseinbruch 2024 ist nicht nur ein Alarmzeichen für die Weinbranche, sondern ein Frühindikator für die Verwundbarkeit der gesamten Landwirtschaft. Der Weinbau – mit seiner hohen Sensibilität für Mikroklimata – zeigt früher als andere Sektoren, wo die Grenzen konventioneller Agrarwirtschaft unter extremen Klimabedingungen liegen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Gut „Wein“ auch ein Treiber für agrarökologische Innovationen und eine klimaangepasste Landwirtschaft wird.
Hinterlasse einen Kommentar