Aserbaidschan rückt mit der Austragung der 29. UN-Klimakonferenz (COP 29) vom 11. bis 22. November 2024 in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Über 35.000 Teilnehmer aus aller Welt reisen nach Baku, um Lösungen für die globale Klimakrise zu diskutieren. Für das autoritäre Regime unter Präsident Ilham Aliyev ist die Konferenz eine Gelegenheit, internationale Anerkennung zu erlangen und Aserbaidschan als modernen, stabilen Staat zu präsentieren. Doch hinter der glanzvollen Fassade bleibt die soziale Realität vieler Bürger düster.
Prestigeprojekt für einen Petro-Staat
Aserbaidschan, dessen Wirtschaft zu 92 % von Öl- und Gasexporten abhängt, sieht in der Klimakonferenz die Chance, sich als glaubwürdiger Partner auf der globalen Bühne zu etablieren. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich das Land für Europas Energieversorgung als wichtiger Gaslieferant positioniert, was Kritik an der europäischen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und Aserbaidschans Menschenrechtsbilanz hervorgerufen hat. Die Konferenz dient der Regierung nun als Plattform, um das negative Image eines autokratischen Regimes zu überdecken und wirtschaftliche Investitionen zu fördern.
Im Inneren stärkt die Regierung ihre Machtposition, insbesondere nach der militärischen Rückeroberung von Gebieten in Bergkarabach im September 2023. Die im Februar 2024 abgehaltenen vorgezogenen Parlamentswahlen untermauerten die Alleinherrschaft der Aliyev-Dynastie und der regierenden Partei Yeni Aserbaidschan.
Baku als Symbol des Wandels – und der Ungleichheit
Die Transformation Bakus zur glitzernden Metropole am Kaspischen Meer steht im Zentrum der Regierungspolitik. Die Stadt präsentiert sich als „Dubai des Kaspischen Meeres“, mit luxuriösen Hotels, ikonischer Architektur und kostspieligen Infrastrukturprojekten wie Flughäfen, Konferenzzentren und Einkaufszentren. Ziel ist es, Baku als wichtigen Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien zu etablieren.
Doch hinter den glänzenden Fassaden leiden viele Bürger unter den Folgen von Gentrifizierung, der Privatisierung öffentlicher Flächen und einem unkontrollierten Städtebau. Historische Viertel und erschwinglicher Wohnraum wurden verdrängt, während die städtischen Freiflächen schrumpfen. Die ungleichen Vorteile des Ölreichtums schaffen soziale Polarisierung, und die neuen Mega-Projekte drohen zu teuren „weißen Elefanten“ zu werden.
Einschränkungen für die Bevölkerung
Während der Klimakonferenz herrschen in Baku strikte Sicherheitsvorkehrungen. Die Mobilität der Bewohner wird durch Straßensperrungen, Einschränkungen des öffentlichen Verkehrs und umfassende digitale Überwachung stark eingeschränkt. Schulen bleiben drei Wochen geschlossen, und viele Arbeitnehmer müssen von zu Hause aus arbeiten. Gleichzeitig ist der Zugang zur Konferenz auf die politische und wirtschaftliche Elite sowie internationale Gäste beschränkt, was die Kluft zwischen Regierung und Bevölkerung weiter vertieft.
Geopolitische Ambitionen und neue Allianzen
Präsident Aliyev nutzt die Konferenz, um die geopolitische Rolle Aserbaidschans zu stärken. Das Land positioniert sich als wichtiger Knotenpunkt entlang der chinesischen Belt-and-Road-Initiative sowie der Nord-Süd-Achse zwischen Russland und Indien. Gleichzeitig baut Aserbaidschan seine Beziehungen zu Russland und China aus, während es versucht, seine strategische Bedeutung für Europa zu betonen.
Zwischenbilanz
COP 29 ist für Aserbaidschan weniger eine klimapolitische als eine geopolitische Bühne. Während internationale Gäste die glanzvolle Entwicklung Bakus bestaunen, bleibt die soziale Ungleichheit ein Schatten, der das Land prägt. Dennoch könnte die Konferenz zumindest dazu beitragen, die Bedeutung des Südkaukasus auf der globalen Klimakarte zu stärken – und erste Impulse für eine regionale Klimapolitik setzen.
[…] Klimaverhandlungen in Baku: Zwischenbilanz bei der Weltklimakonferenz in Baku, Aserbaidschan. Die COP29 findet in einem stark von der Öl- und Gasindustrie geprägten Land statt, was im Vorfeld viel Kritik ausgelöst hatte. Organisatorisch läuft die Veranstaltung reibungslos, doch die Verhandlungen stocken, insbesondere bei der Frage der Klimafinanzierung. Im Fokus steht, wie viel Geld ab 2025 bereitgestellt werden soll und wer dafür zahlt. Die EU fordert von wohlhabenden Ländern wie China mehr Beiträge, während ärmere Länder dringend Unterstützung in Höhe von über einer Billion Dollar jährlich verlangen. Die Konferenz ist zudem von politischen Spannungen überschattet: Donald Trump kündigte an, die USA erneut aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen, und Argentinien zog seine Delegation auf Befehl von Präsident Milei zurück. Diese Ereignisse schüren Befürchtungen, dass weitere Länder folgen könnten. Proteste sind verhalten, da viele Aktivisten Repressionen fürchten oder gar nicht einreisen durften. Dies ist bedenklich, da die Konferenz einer der wenigen Orte ist, an denen global über die Klimakrise verhandelt wird. Trotz der Schwierigkeiten hoffen viele auf Einigkeit und Fortschritte, um besonders betroffene Länder zu unterstützen. COP 29 ist für Aserbaidschan weniger eine klimapolitische als eine geopolitische Bühne. Während internationale Gäste die glanzvolle Entwicklung Bakus bestaunen, bleibt die soziale Ungleichheit ein Schatten, der das Land prägt. Dennoch könnte die Konferenz zumindest dazu beitragen, die Bedeutung des Südkaukasus auf der globalen Klimakarte zu stärken – und erste Impulse für eine regionale Klimapolitik setzen. wdr.de, zdf.de, fair-economics.de […]
[…] Climate negotiations in Baku: interim results of the World Climate Conference in Baku, Azerbaijan. COP29 is taking place in a country heavily dominated by the oil and gas industry, which had triggered a lot of criticism in the run-up to the conference. Organisationally, the event is running smoothly, but negotiations are stalling, particularly on the issue of climate financing. The focus is on how much money should be made available from 2025 and who should pay for it. The EU is demanding more contributions from wealthy countries such as China, while poorer countries are urgently calling for support totalling over a trillion dollars a year. The conference is also overshadowed by political tensions: Donald Trump announced that he would once again withdraw the USA from the Paris Climate Agreement and Argentina withdrew its delegation on the orders of President Milei. These events are fuelling fears that other countries could follow suit. Protests are muted as many activists fear repression or have not been allowed to enter the country. This is worrying as the conference is one of the few places where the climate crisis is being negotiated globally. Despite the difficulties, many are hoping for unity and progress to support particularly affected countries. COP 29 is less of a climate policy stage for Azerbaijan than a geopolitical one. While international guests marvel at Baku’s glamorous development, social inequality remains a shadow that characterises the country. Nevertheless, the conference could at least help to strengthen the importance of the South Caucasus on the global climate map – and provide initial impetus for a regional climate policy. wdr.de, zdf.de, fair-economics.de […]