29. Mai 2025,  In ganz Europa arbeiten Forscher und Unternehmen daran, die digitale Bildung besser, intelligenter und leichter zugänglich zu machen. Durch den Aufbau starker Partnerschaften und den Austausch von Wissen tragen sie dazu bei, eine Zukunft zu gestalten, in der alle vom hochwertigen Online-Lernen profitieren.

Von Helen Massy-Beresford

Kinder in Serbien könnten schon bald mit Hilfe eines freundlichen virtuellen Alpakas namens Alpa Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen erlernen – dank einer von der EU finanzierten Forschungsarbeit, die den Zugang zu erstklassiger Bildungstechnologie in ganz Europa verbessert.

Alpa ist ein wichtiges, wenn auch nicht menschliches Mitglied des Teams von ALPA Kids, einem Bildungstechnologieunternehmen mit Sitz in Estland, das über eine interaktive App muttersprachliche Lernspiele für Kinder zwischen drei und acht Jahren anbietet.

Mehrsprachiger Zugang

„Europa ist eine so vielsprachige und multikulturelle Region, dass es sehr wichtig ist, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, in ihrer Muttersprache zu lernen“, sagt die estnische Unternehmerin und Linguistin Kelly Lilles, Mitbegründerin und CEO von ALPA.

Lilles‘ Reise mit ALPA Kids begann, als sie und ihre Familie nach Spanien zogen und Schwierigkeiten hatten, Bildungsinhalte in Estnisch für ihre Kinder zu finden.

Diese Erfahrung verdeutlichte den Mangel an muttersprachlichen digitalen Ressourcen für Kinder und veranlasste sie, Lösungen zu entwickeln, die der sprachlichen Vielfalt gerecht werden.

Dies führte zu der App, die 2020 entwickelt wurde. Sie vermittelt grundlegende Fähigkeiten wie Alphabet, Wortschatz, Rechnen, Logik und kognitive Fähigkeiten. Obwohl die App zunächst auf Estnisch erschien, gibt es inzwischen Versionen in einem halben Dutzend Sprachen, darunter Englisch.

Seit 2023 profitiert das Unternehmen von der Zusammenarbeit mit Forschern der Universidad Rey Juan Carlos in Spanien und der Fakultät für technische Wissenschaften der Universität Novi Sad in Serbien im Rahmen einer EU-finanzierten Initiative namens EdTech Talents.

Diese vierjährige Forschungs- und Entwicklungsinitiative bringt Forscher und Unternehmen aus sechs EU-Ländern zusammen und wird von der Universität Tallinn in Estland koordiniert. Für ALPA Kids bietet es die Möglichkeit, die englischsprachige Version der App als Mittel zum Erlernen einer zweiten Sprache zu testen.

„Diese Zusammenarbeit hilft uns, forschungsbasierte Lösungen anzubieten“, so Lilles. „Es ist eine wunderbare Gelegenheit, internationale Forscher vor der eigenen Haustür zu haben, um Ideen auszutauschen.“

Digitale Bildung im Fokus

Digitale Bildung ist mehr als nur ein Modewort – sie ist eine der wichtigsten Prioritäten Europas beim Aufbau einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Von der Verbesserung des Zugangs zum Lernen für Schüler in abgelegenen Gebieten bis hin zur Ausstattung von Menschen aller Altersgruppen mit wichtigen digitalen Fähigkeiten – Bildungstechnologie verändert die Art und Weise, wie wir lehren, lernen und wachsen.

Um diesen Wandel wirklich inklusiv zu gestalten, treibt die EU mit ihrem Aktionsplan für digitale Bildung (2021-2027) eine gemeinsame Vision voran. Ziel ist es, sicherzustellen, dass jeder Lernende in Europa von einer hochwertigen, zugänglichen digitalen Bildung profitiert, die durch eine moderne Infrastruktur, ansprechende Tools und digital qualifizierte Lehrkräfte unterstützt wird.

EU-finanzierte Initiativen wie EdTech Talents tragen zum Aufbau stärkerer Innovationsökosysteme in Europas weniger forschungsintensiven Regionen bei.

Im Mittelpunkt dieser Bemühungen steht die Widening-Initiative, die 2014 ins Leben gerufen wurde, um die Zusammenarbeit zu fördern und die Ungleichheiten im Bereich Forschung und Innovation auf dem Kontinent auszugleichen. Heute sind 24 Länder, darunter Estland, Ungarn und Serbien, als Widening-Länder ausgewiesen.

Erfahrung in der Industrie

Das EdTech-Forschungsteam zielt darauf ab, neue Möglichkeiten für Bildungstechnologieunternehmen wie ALPA Kids in Estland, Ungarn und Serbien zu schaffen.

Ihre Strategie besteht darin, Verbindungen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in diesen Ländern aufzubauen und einen Austausch mit erfahreneren Forschern und Technologieunternehmen in Österreich, Deutschland und Spanien zu etablieren.

Dr. Janika Leoste, eine estnische Pädagogin und Forscherin mit einer Reihe von Auszeichnungen für ihre Arbeit in Wissenschaft, Bildung und Wirtschaft, koordiniert die Initiative.

Leoste ist außerordentliche Professorin für Bildungsrobotik an der Universität Tallinn und Assistenzprofessorin an der Technischen Universität Tallinn. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Integration von Robotik in den Unterricht, hybrides und gemischtes Lernen und die Förderung von Bildungsinnovationen.

„In Estland, wie auch in anderen Ländern, die sich erweitern, waren wir es gewohnt, in einem geschlossenen Ökosystem zu forschen“, sagte sie.

Ein Hauptmerkmal der Initiative ist die Möglichkeit für Nachwuchsforscher, dreimonatige Praktika in Unternehmen in Österreich, Deutschland und Spanien zu absolvieren, um praktische Erfahrungen in der Industrie zu sammeln.

Forscher von Universitäten in Österreich, Deutschland und Spanien bieten im Gegenzug Beratungsdienste für Bildungstechnologieunternehmen in Estland, Ungarn und Serbien an, um diese bei der Verbesserung ihrer Geschäftsmodelle und der Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen.

Jeder Forscher, der an dem Projekt teilnimmt, hat das Ziel, einen sogenannten beschäftigungsfähigen Prototyp anzubieten, so Leoste.

Das Ziel sei nicht unbedingt, ein marktreifes Produkt herzustellen, erklärte Leoste, sondern das Know-how zu entwickeln, das die Entwicklung von Produkten der Bildungstechnologie unterstützt und letztlich auch der Gesellschaft zugute kommt.

„Wir hoffen, dass diese Erfahrung den Forschern hier zeigt, dass sie mit der Industrie zusammenarbeiten müssen, so wie es in fortgeschritteneren Ländern der Fall ist“, sagte sie.

Benutzerfreundlichkeit an erster Stelle

Im Rahmen der gemeinsamen Bemühungen wird die App derzeit durch den Usability Platform Test bewertet, der von Dr. Slavko Rakić, einem serbischen Mitglied des EdTech Talents-Teams und Assistenzprofessor für Wirtschaftsingenieurwesen und Management an der Fakultät für technische Wissenschaften der Universität Novi Sad, entwickelt wurde.

Rakićs Usability Platform Test zielt darauf ab, Technologieunternehmen bei der Bewertung und Verbesserung ihrer Produkte zu unterstützen, wobei der Schwerpunkt auf der technologischen, pädagogischen und soziokulturellen Dimension liegt.

Durch den Einsatz von Umfragen und visuellen Tools zur Anzeige von Daten wie Radardiagrammen liefert die Plattform verwertbare Erkenntnisse zur Verbesserung der Nutzererfahrung und zur Anpassung von Produkten an unterschiedliche Bildungskontexte. Ziel ist es, zu verstehen, wie gut die App von potenziellen Nutzern angenommen wird.

Sobald die Tests in Serbien abgeschlossen sind, planen EdTech Talents und ALPA Kids die Veröffentlichung von Artikeln, in denen die Ergebnisse im Detail beschrieben werden. Laut Lilles sind die Vorteile der Teilnahme bereits jetzt klar.

Mobile Talente

Der internationale Austausch, wie er im Rahmen von EdTech gefördert wird, ist von entscheidender Bedeutung, so Rakić, zumal es für Nachwuchsforscher oft schwierig ist, Erfahrungen in der Industrie zu sammeln und gleichzeitig akademische Pflichten zu erfüllen.

„Das Hauptziel des EdTech-Talents-Projekts ist es, den Wissensaustausch für Forscher in immer mehr Ländern zu fördern“, erklärte er.

Als Teil des EU-Programms ERA Talents trägt das Projekt dazu bei, die Kluft zwischen Wissenschaft und Industrie zu überbrücken, indem es die sektorübergreifende Zusammenarbeit und die Mobilität von Talenten in ganz Europa fördert. Für Leoste ist die Öffnung der Tür zu mehr internationalen und industriellen Partnerschaften der Schlüssel zur Förderung der digitalen Bildung auf dem gesamten Kontinent.

Und es gibt auch noch einen weiteren Nutzen. Durch den Ausbau der digitalen und unternehmerischen Fähigkeiten von Forschern und Hilfskräften trägt EdTech Talents auch dazu bei, die Vision der EU von einer Union der Kompetenzen, in der die Europäer ihre Kompetenzen und ihre Ausbildung kontinuierlich verbessern, mit Leben zu erfüllen.

„Bildung ist die Grundlage für alles, was unsere zukünftigen Generationen betrifft“, sagte Lilles.

Die Forschung in diesem Artikel wurde durch das Horizon-Programm der EU finanziert. Die Ansichten der Interviewpartner spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Kommission wider.

Dieser Artikel wurde ursprünglich in Horizon, dem EU-Magazin für Forschung und Innovation,veröffentlicht .

 

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