Der von der EU-Kommission initiierte Climate Resilience Dialogue hat nach Einschätzung der deutschen Versicherungsbranche bedeutende Fortschritte erzielt. Im Mittelpunkt steht die sogenannte „Schutzlücke“ – die Diskrepanz zwischen den Schäden, die durch Klimafolgen entstehen, und den Schäden, die tatsächlich durch Versicherungen gedeckt sind. Der Dialog wird als entscheidender Schritt gesehen, um diese Lücke zu schließen und den Umgang mit Klimarisiken europaweit zu verbessern.

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), betonte anlässlich der Veröffentlichung des Abschlussberichts: „Der Climate Resilience Dialogue hat wesentlich dazu beigetragen, das Verständnis für die Ursachen und Folgen der Schutzlücke zu vertiefen. Wir haben jetzt eine bessere Basis, um in Deutschland und ganz Europa konkrete Maßnahmen zur Schließung dieser Lücke zu entwickeln.“ Laut Asmussen sei die wichtigste Erkenntnis, dass niemand diese Herausforderung allein bewältigen könne: „Politik, Bauherren, Hausbesitzer, Behörden und Versicherer müssen gemeinsam an einem Strang ziehen.“

Kein universelles Patentrezept für Europa

Der Dialog brachte unterschiedliche Perspektiven zusammen und verdeutlichte, dass es keine universelle Lösung für die Schutzlücke gibt. Die Ursachen sind von Land zu Land unterschiedlich und erfordern maßgeschneiderte Ansätze. Besonders deutlich wurde das in den Diskussionen über Prävention und Anpassung an den Klimawandel.

„Ein wesentlicher Erfolg des Dialogs ist die Erkenntnis, dass gemeinsame Anstrengungen nötig sind, aber jedes Land seinen eigenen Weg finden muss“, so Asmussen.

Der Schutz vor Naturgefahren, wie Überschwemmungen und extremen Wetterereignissen, ist in vielen europäischen Ländern ein wachsendes Problem. Besonders in Deutschland haben extreme Wetterereignisse wie die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 den Handlungsbedarf drastisch vor Augen geführt. Die Versicherer sehen sich zunehmend gefordert, Lösungen zu entwickeln, die sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch für die Kunden bezahlbar sind.

GDV fordert umfassenden Naturgefahrenschutz

Für Deutschland fordert Asmussen, das von den Versicherern entwickelte Konzept für einen umfassenden Naturgefahrenschutz zügig umzusetzen. „Prävention und Klimaanpassung sind entscheidend, um die Kosten für Naturkatastrophenschäden und Versicherungsprämien in den Griff zu bekommen“, erklärte er. Das Konzept sieht unter anderem Bauverbote in hochgefährdeten Gebieten, die Nutzung von überschwemmungsresistenten Baustoffen sowie eine verpflichtende Klima-Gefährdungsbeurteilung bei Baugenehmigungen vor. Zudem wird ein Naturgefahrenausweis vorgeschlagen, der transparent macht, wie anfällig Gebäude für Naturgefahren sind.

In einem Bericht des Europäischen Ausschusses der Regionen wurde ebenfalls betont, dass insbesondere Städte und Regionen mehr Verantwortung übernehmen müssen, um widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu werden. Dies gelte nicht nur für den Katastrophenschutz, sondern auch für die Stadtplanung und den Umgang mit kritischer Infrastruktur. Der GDV sieht diese Verantwortung als zentral für die Zukunft der Versicherungsbranche: „Wenn wir die Klimarisiken nicht rechtzeitig in den Griff bekommen, wird die Versicherbarkeit von Naturgefahren in vielen Regionen Europas langfristig gefährdet sein“, warnte Asmussen.

Die Herausforderung der Versicherbarkeit

Europaweit wird die Diskussion über die Versicherbarkeit von Klimarisiken intensiver. Studien des European Environmental Agency und anderer internationaler Organisationen zeigen, dass extreme Wetterereignisse häufiger und intensiver werden. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Katastrophen könnten die Versicherungsmärkte überfordern, wenn keine umfassenden Maßnahmen zur Anpassung und Risikominderung ergriffen werden.

Die zunehmende Unversicherbarkeit von Gebäuden in Hochrisikogebieten wird bereits heute in Ländern wie Frankreich oder Italien diskutiert. Auch in Deutschland sind einige Regionen aufgrund von Hochwassergefahren problematisch. „Wir brauchen einen umfassenden Ansatz, der sowohl die Prävention stärkt als auch die Möglichkeiten der Versicherungsbranche erweitert“, betonte Asmussen.

Der Climate Resilience Dialogue bietet einen vielversprechenden Fahrplan für die Zukunft – doch es wird klare und entschlossene Maßnahmen brauchen, um die Lücke zwischen den Risiken und der Absicherung durch Versicherungen in ganz Europa zu schließen.