Berlin. Samstagnachmittag, die Einkaufsstraßen sind belebt. Menschen schlendern durch die Fußgängerzone, genießen einen Kaffee in der Sonne oder stöbern in kleinen Boutiquen. Doch nicht überall sieht es so aus. In vielen Städten dominiert noch immer der Autoverkehr – auf Kosten von Aufenthaltsqualität und Einkaufserlebnis. Dabei zeigt eine neue Analyse des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu): Weniger Autos bedeuten nicht weniger Umsatz. Im Gegenteil, der Einzelhandel kann sogar profitieren.
Wenn Parkplätze und Straßenraum zugunsten von Rad- und Fußverkehr umgestaltet werden, fürchtet der Einzelhandel oft Kundenverluste und Umsatzeinbußen. Doch diese Sorgen sind meist unbegründet. Die Studie, die auf einer umfassenden Auswertung empirischer Untersuchungen und Praxisberichte aus dem In- und Ausland basiert, zeigt deutlich: Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen verkehrsberuhigten Zonen und wirtschaftlichen Nachteilen für den Handel. „Ein attraktiver öffentlicher Raum zieht Menschen an, lädt zum Verweilen ein und stärkt somit den Einzelhandel“, erklärt Difu-Studienleiterin Michaela Christ. Entscheidend für die Umsatzentwicklung sei vor allem die Kundenfrequenz.
Eine weitere Erkenntnis der Analyse: Zwar geben Radfahrende und Fußgänger pro Einkauf im Schnitt weniger aus als Autofahrende, besuchen Geschäfte jedoch häufiger. Dadurch steigt ihr Gesamtumsatz sogar an. Die Ergebnisse belegen, dass Innenstädte von Maßnahmen profitieren, die nachhaltige Mobilität fördern.
Erreichbarkeit bleibt Schlüsselfaktor
Damit Verkehrsberuhigung erfolgreich ist, muss der Einzelhandel auch ohne Auto gut erreichbar sein. „Es ist entscheidend, den öffentlichen Nahverkehr sowie den Rad- und Fußverkehr langfristig zu stärken und ihre Nutzung attraktiver zu gestalten“, betont Michaela Christ. Ein weiteres Instrument ist die Parkraumbewirtschaftung: Sie stellt sicher, dass Parkplätze für Kundinnen und Kunden zur Verfügung stehen, anstatt von Dauerparkern blockiert zu werden. Zudem könne der frei werdende Straßenraum für Aufenthaltsqualität und alternative Nutzungen geöffnet werden, was das Einkaufserlebnis verbessert.
Verkehrswende als Chance begreifen
Angesichts zunehmender Verkehrsbelastungen mit negativen Folgen für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit ist eine Neuverteilung des Straßenraums zugunsten des Umweltverbunds – also öffentlicher Nahverkehr, Rad- und Fußverkehr – keine Frage des „Ob“, sondern des „Wie“. Der Einzelhandel sollte sich laut Difu-Autorinnen und -Autoren aktiv dafür einsetzen, dass erfolgreiche Beispiele der Verkehrsberuhigung in Kommunen umgesetzt und an lokale Gegebenheiten angepasst werden. Entscheidend sei zudem eine professionelle Kommunikation und die Einbindung aller relevanten Akteure.
Die Difu-Analyse fokussiert sich auf große und mittelgroße Städte. Für kleinere Kommunen fehlen bislang ausreichend Daten, um detaillierte Aussagen zu treffen.
Hintergrund: Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist das größte Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum. Es unterstützt Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften durch Forschung, Fortbildung und Beratung in Bereichen wie Stadtentwicklung, Mobilität, Umwelt, Wirtschaft und Verwaltung. Gegründet 1973, hat das Institut Standorte in Berlin und Köln.
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