Am Montag beginnt in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, die 29. UN-Klimakonferenz (COP29), doch die Erwartungen sind gedämpft. Inmitten einer globalen politischen Instabilität, verursacht durch die Regierungskrise in Deutschland, den Wahlsieg des klimaskeptischen Donald Trump in den USA und die eskalierenden Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten, stehen die Delegierten vor enormen Herausforderungen. Experten und Vertreter von Klimaschutzorganisationen warnen, dass die Klimafinanzierung und die Reduzierung klimaschädlicher Emissionen weiter unter den geopolitischen Spannungen leiden könnten, was die ohnehin verzögerten Klimaziele noch schwerer erreichbar machen würde.

Finanzielle Verpflichtungen und internationale Klimafinanzierung

Im Zentrum der Konferenz steht die internationale Klimafinanzierung. Seit Jahren verpflichten sich die reichen Industrieländer, jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und -anpassung bereitzustellen, um Entwicklungsländer im globalen Süden zu unterstützen. Doch die tatsächlichen Finanzierungen hinken hinterher: Dieses Ziel wurde erst 2022, mit einer Verzögerung von zwei Jahren, erreicht. Studien wie der „Global Landscape of Climate Finance“ des Climate Policy Initiative (CPI) legen nahe, dass weitaus größere Summen erforderlich sind. Ein umfassender Ansatz zur Bekämpfung des Klimawandels erfordert laut dem CPI mindestens eine Billion Dollar jährlich, während andere Berechnungen sogar auf bis zu 2,4 Billionen Dollar kommen.

Derzeit tragen nur die Industriestaaten zu diesen Zahlungen bei, insbesondere Länder, die 1992 bei Unterzeichnung der UN-Klimarahmenkonvention als solche eingestuft wurden. Doch es wird zunehmend diskutiert, auch aufstrebende Wirtschaftsnationen wie China und wohlhabende Golfstaaten an der Finanzierung zu beteiligen, da deren Rolle als Emittenten globaler Treibhausgase stetig wächst. Das Pariser Abkommen sieht ihre Beteiligung derzeit nur auf freiwilliger Basis vor. Kritiker argumentieren jedoch, dass sich die globalen Macht- und Wohlstandsverhältnisse seit der ersten UN-Klimakonferenz signifikant verändert haben und somit eine Neubewertung der finanziellen Verpflichtungen notwendig ist.

Die zweiwöchigen Verhandlungen, an denen Delegationen aus fast 200 Ländern teilnehmen, starten mit den Reden der Staats- und Regierungschefs. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird jedoch nicht wie vorgesehen vor dem Plenum sprechen, da er seine Reise nach Baku am Donnerstag nach dem Zerbrechen der Ampel-Koalition abgesagt hat. Auch andere einflussreiche Staatsoberhäupter, darunter die Präsidenten von Frankreich und Brasilien, Emmanuel Macron und Luiz Inácio Lula da Silva, haben ihre Teilnahme an der Konferenz abgesagt.

Neuer „Loss and Damage“-Fonds für Klimaschäden

Ein weiterer kritischer Punkt der Verhandlungen ist die Finanzierung des neuen „Loss and Damage“-Fonds, der für bereits eingetretene Klimaschäden eingerichtet wurde. Dieser Fonds soll Ländern helfen, die jetzt schon unter den Folgen des Klimawandels leiden – von Überschwemmungen über Dürren bis hin zu schweren Stürmen. Entwicklungsländer fordern, dass dieser Fonds mit mindestens 400 Milliarden Dollar ausgestattet wird. Klimaverbände und Wissenschaftler, darunter das Weltklimarat IPCC, sehen in diesem Fonds eine wesentliche Säule der Klimafinanzierung, da die finanziellen Schäden durch Extremwetterereignisse jährlich zunehmen und Länder im globalen Süden besonders betroffen sind. Ohne klare finanzielle Zusagen könnte dieser Fonds jedoch ein symbolisches Instrument ohne ausreichende Wirkung bleiben.

Unzureichende Emissionsreduktionen und die wachsende Kluft zu den Zielen

Trotz der zunehmenden globalen Aufmerksamkeit und Verpflichtungen reichen die bisherigen Zusagen der Vertragsstaaten des Pariser Abkommens nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Berichte des IPCC zeigen, dass selbst bei vollständiger Umsetzung der aktuellen nationalen Klimapläne eine Erwärmung von 2,6 bis 3,1 Grad Celsius wahrscheinlich ist. Ein solches Szenario hätte katastrophale Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft: Der Anstieg des Meeresspiegels, die Versauerung der Ozeane und die Zunahme von Extremwetterereignissen würden weltweit Lebensräume zerstören und zur Klimaflucht beitragen. Auch der jüngste Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) unterstreicht, dass bereits Millionen von Menschen klimabedingt zur Flucht gezwungen sind und dass diese Zahl ohne wirksamen Klimaschutz weiter steigen wird.

In Baku bemühen sich Deutschland und die EU, in den Abschlussdokumenten zumindest eine Verschärfung der Emissionsziele zu fordern und Staaten aufzufordern, ehrgeizigere Pläne zur Reduzierung ihrer Emissionen vorzulegen. Doch angesichts der politischen Spannungen und dem Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen könnte es schwierig sein, eine verbindliche Erklärung zu verabschieden.

Globale Spannungen und die Rolle der USA nach der Wahl Trumps

Ein erheblicher Unsicherheitsfaktor in Baku ist die angekündigte Klimapolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Sein Wahlsieg lässt befürchten, dass die USA sich erneut aus dem Pariser Abkommen zurückziehen und ihre Klimahilfen für Entwicklungsländer einstellen könnten. Als zweitgrößter Emittent von Treibhausgasen nach China haben die USA eine entscheidende Rolle in den internationalen Klimaverhandlungen und in der finanziellen Unterstützung von Klimaprojekten in Entwicklungsländern gespielt. Der Rückzug könnte auch den Druck auf die EU und andere Industriestaaten erhöhen, um die Finanzierungslücke zu schließen und gleichzeitig die Glaubwürdigkeit der globalen Klimaziele zu bewahren. Es bleibt abzuwarten, ob andere Länder, wie die EU-Staaten oder auch China, eine Führungsrolle übernehmen und die Lücke füllen, die die USA möglicherweise hinterlassen.

Menschenrechtsfragen und die Kritik an Aserbaidschan als Gastgeber

Die Wahl Aserbaidschans als Gastgeberland sorgt ebenfalls für Diskussionen. Aserbaidschan ist ein bedeutender Erdölexporteur und hat bisher wenig Initiative im Klimaschutz gezeigt. Zudem steht das Land wegen Menschenrechtsverletzungen und der Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit in der Kritik. Vertreter westlicher Staaten und internationale Menschenrechtsorganisationen, wie Amnesty International, fordern die aserbaidschanische Regierung auf, während der Konferenz grundlegende Rechte wie die Versammlungsfreiheit zu respektieren und sicherzustellen, dass Teilnehmer und Bürger ihre Meinungen frei äußern können. Aserbaidschan hat zugesichert, diese Standards zu gewährleisten, doch Beobachter befürchten, dass dies nur symbolische Zusicherungen sein könnten.

Klimakrise und die Hoffnung auf Fortschritte trotz aller Widrigkeiten

Trotz der politischen und finanziellen Herausforderungen hoffen viele Klimaschützer, dass in Baku zumindest symbolische Fortschritte erzielt werden, um den Weg für weitreichendere Entscheidungen bei der nächsten COP30 in Brasilien im kommenden Jahr zu ebnen. Die Wissenschaftler und Experten warnen eindringlich vor den Konsequenzen des Nichthandelns: Wenn die globale Gemeinschaft nicht in erheblichem Umfang investiert und die Emissionen reduziert, wird sich die Erde weiter erwärmen und die Klimafolgen werden sich verschärfen. Zudem zeigen Berichte der Vereinten Nationen, dass die Kosten des Nichthandelns die möglichen Investitionen in Klimaschutz bei Weitem übersteigen könnten.

Inmitten der geopolitischen Spannungen und der politischen Unsicherheiten bleibt die Frage, ob die Klimakonferenz in Baku als ein Zeichen globaler Einheit im Kampf gegen die Klimakrise in die Geschichte eingehen kann – oder ob sie als weiterer Beweis für die Kluft zwischen politischen Versprechen und tatsächlichem Handeln wahrgenommen wird.