Präsident Schröder ruft Parlament zu Nachbesserungen auf – „Ansonsten lieber stoppen“

Der Deutsche Tierschutzbund lehnt das von der Bundesregierung geplante Tierhaltungskennzeichen ab. Verbandspräsident Thomas Schröder teilte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ mit: „Die Kriterien sind zu schwach, entscheidende Bereiche wie Transport und Schlachtung bleiben unangetastet, und bisher bezieht sich alles auch nur auf die Haltung von Schweinen.“ Er könne da nur von Etikettenschwindel reden, sagte Schröder. Am Mittwoch will Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) voraussichtlich den Entwurf ins Bundeskabinett in Berlin einbringen. Geplant ist eine Kennzeichnung entlang von fünf Stufen. Verbraucher sollen bereits auf der Verpackung erkennen können, wie das Tier gelebt hat.

Weil nur der Status quo gekennzeichnet werde, seien damit keinerlei Fortschritte beim Tierschutz verbunden, so Schröder. Er appellierte an die Parteien im Bundestag, im anstehenden Gesetzgebungsverfahren noch einmal gründlich nachzuschärfen: „Wenn dies nicht gelingt, wäre es aus unserer Sicht besser, den Prozess zu stoppen: Lieber gar kein Kennzeichen als eines, das den Weg zu mehr Tierschutz extrem belastet.“ Auch aus anderen Bereichen, etwa der Wirtschaft, hatte es zuvor Kritik gegeben. Die Handelskonzerne etwa warnten aufgrund der Komplexität der geplanten Kennzeichnung vor einer Verteuerung und Verknappung von Hackfleisch.

Auch die Opposition nennt es gut, gemeint und schlecht gemacht. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, und die zuständige Berichterstatterin Christina Stumpp:

Albert Stegemann: „Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir verweigert den tierhaltenden landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland die erhofften wirtschaftlichen Perspektiven. Sein Entwurf für eine Tierhaltungskennzeichnung ist lückenhaft und führt zu einer Verschiebung des Marktes – weg vom hochwertigen Schweinefleisch aus unseren Regionen hin zu billiger Importware. Zudem ist das im Gesetzentwurf vorgesehene Verfahren zur Anzeige und Registrierung von Betrieben unnötig bürokratisch und aufwendig.“

Christina Stumpp: „Der Gesetzentwurf für eine Tierhaltungskennzeichnung ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. So wird die angestrebte Lenkung der Verbraucher zu Produkten aus tierschonender Haltung nicht nur verfehlt, sondern sogar konterkariert. Beispiel Ferkel: Wie soll die Kennzeichnung Vertrauen in das Fleischprodukt wecken, wenn zwar hohe Standards in der Mast eingehalten werden, eine zwischenzeitige Kastration im Ausland ohne Betäubung aber nicht ausgeschlossen werden kann?

Leider fehlt auch ein verbindlicher Fahrplan zur Einbeziehung aller Tiergruppen, Wertschöpfungsstufen und Absatzkanäle wie der Außerhaus-Verpflegung und der Gastronomie. Auch deshalb wurde der Gesetzentwurf in der Verbändeanhörung durch die Bank verrissen – von den Landwirten über die Schlachtunternehmen bis hin zu den Tierschutzorganisationen. Das sollte Minister Özdemir Anlass genug sein für eine grundlegende Überarbeitung.“