von Frank Tetzel

In der aktuellen sicherheitspolitischen Debatte in Deutschland liegt der Fokus stark auf militärischer „Hard Power“. Die Entwicklungszusammenarbeit (EZ), ein zentrales Instrument deutscher Soft Power, gerät dabei zunehmend ins Hintertreffen. Dabei ist gerade sie entscheidend, wenn es darum geht, Deutschlands internationale Glaubwürdigkeit zu sichern, wirtschaftliche Interessen zu fördern und außenpolitischen Handlungsspielraum zu erweitern.

Deutschland ist – nicht zuletzt aufgrund drastischer Kürzungen anderer Geberländer – zum größten Geber von Entwicklungshilfe weltweit geworden. Diese Position ist nicht nur Ausdruck globaler Verantwortung, sondern ein strategisches Potenzial: EZ schafft Vertrauen, stabilisiert fragile Regionen, fördert gerechte Entwicklung und bietet Deutschland eine Plattform, um als verlässlicher Partner international wahrgenommen zu werden. Doch diese Wirkung entfaltet sich nur, wenn Deutschland auch die richtigen Partner einbindet – allen voran die Wirtschaft. Dabei darf Wirtschaft nicht allein mit Großunternehmen gleichgesetzt werden. Die Stärke der deutschen Wirtschaft liegt in ihrer Breite – in einem innovativen, global aktiven Mittelstand, in Start-ups, Sozialunternehmen, Handwerksbetrieben und regional verwurzelten Familienunternehmen.

Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spielen eine zentrale Rolle in einer zukunftsfähigen EZ. Sie bringen langfristiges Engagement, praxisnahe Lösungen und stabile Partnerschaften mit. Viele von ihnen sind bereits in Entwicklungsländern aktiv – etwa durch Ausbildungsinitiativen, faire Lieferketten oder technische Kooperationen. Sie entwickeln Produkte und Dienstleistungen, die an lokale Bedürfnisse angepasst sind, schaffen Arbeitsplätze und fördern lokale Wertschöpfung. Damit tragen sie entscheidend zur Stabilität in Partnerländern bei – und sichern gleichzeitig ihre eigene wirtschaftliche Zukunft durch neue Märkte und resiliente Lieferketten.

Der Mittelstand ist in der Lage, wirtschaftliches Handeln mit gesellschaftlicher Verantwortung zu verbinden. Während große Konzerne oft auf komplexe politische Rahmenbedingungen angewiesen sind, agieren viele KMU pragmatisch, direkt und lösungsorientiert. Diese Nähe zur Praxis ist ein echter Wettbewerbsvorteil, insbesondere im internationalen Vergleich mit Ländern wie China, deren Engagement in Entwicklungsländern zunehmend auf staatlich gelenkte Großprojekte setzt.

Damit Deutschland sein entwicklungspolitisches Potenzial voll entfalten kann, braucht es eine klare strategische Neuausrichtung: Entwicklungszusammenarbeit muss als gemeinsame Aufgabe von Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft verstanden werden – mit expliziter Einbindung des Mittelstands. Dazu gehören gezielte Förderformate für KMU, niedrigschwellige Zugänge zu internationalen Partnerschaften, faire Risikoabsicherungen und eine bessere Verzahnung von Außenwirtschaft und EZ.

Zugleich sollte Deutschland am 0,7-Prozent-Ziel der OECD für Entwicklungsausgaben festhalten und diese Mittel wirkungsorientiert einsetzen. Die SDGs bieten dabei einen verlässlichen Rahmen, um globale Herausforderungen wie Armut, Klimawandel oder Ungleichheit gemeinsam mit Wirtschaftspartnern zu adressieren. Auch multilaterale Kooperationen sollten gestärkt werden, etwa durch eine aktivere Rolle Deutschlands in der europäischen EZ-Politik.

Die Entwicklungszusammenarbeit der Zukunft ist nicht mehr allein eine staatliche Aufgabe, sondern ein gemeinsames Projekt – getragen von Innovationskraft, Verantwortung und strategischem Denken. Wenn Deutschland seine Soft Power stärken und gleichzeitig wirtschaftliche Chancen sichern will, muss es auf Partnerschaft setzen – nicht nur mit anderen Staaten, sondern mit den vielen engagierten Unternehmen, die den deutschen Mittelstand ausmachen. Der Mittelstand ist nicht nur das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – er kann auch das Rückgrat nachhaltiger internationaler Zusammenarbeit sein.