Elektroautos gelten als Hoffnungsträger der klimafreundlichen Mobilität. Doch wer glaubt, der Umstieg auf Strom sei nur eine Frage der Technik, irrt gewaltig. Es ist vor allem eine soziale Frage.
Denn während in den Innenstädten SUV-Fahrer ihre Subventionen kassieren und Laternenparker mit Dienstwagen Strom tanken, bleiben viele Menschen außen vor – insbesondere jene, die auf ein eigenes Auto angewiesen sind, aber weder Rücklagen noch Kreditwürdigkeit mitbringen. Für sie könnte das Modell des „Social Leasing“ eine Lösung bieten.
Leasing für alle?
Das Prinzip ist einfach: Haushalte mit geringem Einkommen erhalten ein Elektroauto zu stark vergünstigten Leasingraten – ohne Anzahlung, ohne Kredit, ohne Bürokratiewüste. Eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Transport & Environment zeigt: Ein solches Programm könnte die Verkehrswende gerechter machen – wenn es gut gemacht ist.
„Social Leasing soll Menschen erreichen, die keine Alternative zum Auto haben – im ländlichen Raum, bei Schichtarbeit, bei eingeschränkter Mobilität“, sagt Nelly Unger vom Öko-Institut. Ihre Analyse legt offen, wie ein solches Programm in Deutschland funktionieren könnte – und wo es scheitern kann.
Frankreich zeigt, wie’s geht
Vorbild ist Frankreich. Dort gibt es bereits seit Anfang des Jahres ein staatlich gefördertes Leasingmodell: Elektroautos ab 50 Euro im Monat, gezielt für Berufspendler mit langen Wegen und kleinem Geldbeutel. Kein Prestigeprojekt, sondern pragmatischer Klimaschutz.
Doch eine 1:1-Übertragung nach Deutschland ist kaum möglich. Dafür sind Verwaltung, Automarkt und Förderlandschaft zu unterschiedlich. Die Expert*innen schlagen daher vor, das Programm beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) anzusiedeln – dort, wo auch andere Fördermaßnahmen für Elektrofahrzeuge gebündelt sind.
Nicht nur kleine Flitzer
Ein spannender Befund der Studie: Haushalte mit geringem Einkommen fahren nicht nur Kleinwagen, sondern oft auch ältere Mittelklassefahrzeuge. Ein reines Kleinstwagen-Angebot würde also an vielen Bedarfen vorbeigehen. Für Familien, Pflegedienste oder Gewerbetreibende könnten daher auch größere Modelle ins Programm aufgenommen werden – sofern die Förderung differenziert genug ausgestaltet ist.
Reichweite versus Realität
Kritiker könnten einwenden: Warum nicht einfach den ÖPNV ausbauen? Doch der ist nicht überall eine realistische Alternative – schon gar nicht in den dünn besiedelten Regionen Brandenburgs oder in Teilen Niedersachsens, wo Bus und Bahn nicht mal im Stundentakt verkehren. Für viele bleibt das eigene Auto alternativlos – selbst wenn sie es sich kaum leisten können.
Ladesäule gesucht
Ein zentrales Hindernis: die Ladeinfrastruktur. Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, hat oft keinen Zugang zur Wallbox – und öffentliche Ladepunkte sind rar oder teuer. Hier schlägt die Studie ergänzende Förderungen vor: Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen, vielleicht sogar Mieterstromlösungen. Denn ohne Lademöglichkeit nützt auch das beste Leasingangebot wenig.
Und die Industrie?
100.000 Fahrzeuge jährlich – das wäre laut Studie ein realistisches Ziel. Die Auswirkungen auf den Gebrauchtwagenmarkt wären begrenzt, könnten aber gezielt in unteren Preissegmenten wirken. Auch für die Industrie wäre der Effekt eher moderat. Das Programm könnte helfen, die Produktionsauslastung zu stabilisieren – aber es würde keinen Boom auslösen. Eher eine stille Evolution.
Mehr als Symbolpolitik
„Social Leasing“ ist kein Allheilmittel. Aber es könnte ein wichtiger Baustein in der sozial gerechten Verkehrswende sein – wenn es gelingt, Bedürftige wirklich zu erreichen und nicht in Papierkram zu verlieren. Es braucht gezielte Förderung, flexible Modelle und eine Ladeinfrastruktur, die auch ohne Eigenheim funktioniert.
Dann hätte das Stromauto nicht nur ein besseres Image – sondern auch endlich eine breitere Straße in die Mitte der Gesellschaft.
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