Der Schienenlärm in Deutschland soll bis 2020 halbiert werden. Das Aus für laute Güterzüge ist auf einem guten Weg.
Ziel eines neuen Gesetzes ist es  laut Regierung, die Bevölkerung vor der vom Schienengüterverkehr ausgehenden schädlichen Schallemission zu schützen. „Die Lärmbelastung der Bevölkerung an Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes erreicht vielfach Werte, die deutlich über den nach der Verkehrslärmschutzverordnung bei Aus- und Neubau von Verkehrswegen einzuhaltenden Immissionswerten liegen“, heißt es dazu: „Der Verzicht auf die bisher üblichen Grauguss-Bremssohlen und deren Ersatz durch lärmmindernde Technologien, zum Beispiel durch Verbundstoff-Bremssohlen in Form der LL-Bremssohle (Low Noise Low Friktion), würde zu einer deutlichen Minderung des vom Schienengüterverkehr ausgehenden Lärms führen.“
Hierzu gab es jetzt eine Anhörung von sachverständigen im Deutschen Bundestag. Alle Sachverständigen brachten bei einer Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur unter Vorsitz von Martin Burkert (SPD) zum Ausdruck, dass man auf einem guten Weg sei. Sie bewerteten den Entwurf der Bundesregierung für ein Schienenlärmschutzgesetz / SchlärmschG (18/11287). Danach soll mit Beginn des Netzfahrplans 2020/2021 am 13. Dezember 2020 der Einsatz lauter Güterwagen auf dem deutschen Schienennetz verboten werden.
Zwar stieß bei allen auf wenig Gegenliebe, dass laut Entwurf laute Wagen weiter eingesetzt werden dürfen, wenn sie mit einer vorgegebenen niedrigen Geschwindigkeit unterwegs sind. Doch das sei mit Blick auf EU-Recht zumindest kurzfristig wohl nicht anders zu lösen.
Kapazitätsverlust durch langsamere Züge
Dirk Flege (Allianz pro Schiene) befand, durch die Langsam-Güterzüge komme es zu „deutlichen Kapazitätsverlusten insbesondere auf den heute schon hochbelasteten Streckenabschnitten“. Schon ein einzelner lauter Wagen im Zugverband könne die Langsamfahrt des gesamten Zuges zur Folge haben, warnte Geißler. Betroffen seien damit auch Personenzüge und mithin „Millionen von Pendlern“. Er propagierte „ein klares Einsatzverbot ohne Ausnahmereglungen für langsame Züge“. Wobei sich die Bundesregierung für eine solche EU-weite Regelung einsetzen solle. Dadurch würden „komplizierte nationale Ausnahmeregelungen überflüssig“. Bleibe es bei der Option „langsamer Güterzug“, sollte sie nach Fleges Ansicht durch einen „spürbaren Aufschlag auf den Trassenpreis“ wirtschaftlich unattraktiv gemacht werden.
Martin Henke vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) äußerte sich in diesem Punkt ähnlich und machte sich für eine „sehr deutliche Spreizung der Trassenpreise“ stark. Um den Lärmpegel eines Zuges mit lauten Güterwagen auf angestrebte fiktive Schallleistungspegel zu senken, dürfe ein Güterzug, der bisher mit Tempo 90 unterwegs ist, nur noch mit Tempo 30 fahren. Langsam fahrende Züge könnten zu einer „erheblichen Reduzierung der tatsächlich verfügbaren Trassenkapazitäten und zu beträchtlichen Einschränkungen des Betriebs für alle Beteiligten führen“.
Prof. Markus Hecht (Technische Universität Berlin) verwies auf Berechnungen, denen zufolge einzelne laute Güterwagen den Gesamt- Schienenlärm erheblich beeinflussten. Mithin: „Es sollte extrem wenige Ausnahmen für laute Fahrzeuge geben, am besten gar keine.“
Forderung nach Rechtssicherheit
Jürgen Tuscher begrüßte namens des Verbandes der Güterwagenhalter in Deutschland (VPI), dass mit dem Gesetz „Rechtssicherheit“ geschaffen werde. Dies schränke die Gefahr ein, dass „diejenigen Halter belohnt werden, die sich einer Umrüstung oder Neubeschaffung verweigern und dadurch mit Kostenvorteilen in Deutschland Verkehre betreiben“. Auch Wagenhalter im benachbarten Ausland warteten auf das Gesetz, damit sie sich rechtzeitig darauf einstellen könnten: „Denen genügt nicht der Koalitionsvertrag. Die wollen etwas mit Bundesadler.“ Ein Verbot ohne Ausnahmen für laute Güterzüge in Deutschland „wäre sicher das noch eindeutigere Signal“, meinte er. Allerdings müsse eine Regelung gefunden werden, die „EU-rechtlich nicht angreifbar“ sei. Dieser Zielkonflikt werde in dem Gesetzentwurf „gut gelöst“, wobei nach Meinung des VPI „ein stark gespreiztes Trassenpreissystem auch geeignet wäre“.
Peter Westenberger (Netzwerk Europäischer Eisenbahnen /NEE) nannte ein auch nationales Betriebsverbot für laute Züge unter anderem dann „unschädlich“, wenn „durch Ausnahmen und Befreiungen die Freizügigkeit grenzüberschreitender Verkehre mit zugelassenen Güterwagen gewährleistet ist“. Er sprach ebenfalls „negative Folgen für die Netzkapazitäten“ durch langsame Züge an. Das schädige auch die Unternehmen, „die bereits umgerüstet oder einen weitgehend neuen Wagenbestand im Einsatz haben“. Er schlug vor, dass Langsam-Züge nicht mehr für den Jahresfahrplan angemeldet werden können. Sie dürften nur nach Gelegenheitsfahrplan eingesetzt werden und müssten sich dann „hinten anstellen“.
Ziel des Gesetzes ist es laut Regierung, die Bevölkerung vor der vom Schienengüterverkehr ausgehenden schädlichen Schinenlärm zu schützen. „Die Lärmbelastung der Bevölkerung an Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes erreicht vielfach Werte, die deutlich über den nach der Verkehrslärmschutzverordnung bei Aus- und Neubau von Verkehrswegen einzuhaltenden Immissionswerten liegen“, heißt es dazu: „Der Verzicht auf die bisher üblichen Grauguss-Bremssohlen und deren Ersatz durch lärmmindernde Technologien, zum Beispiel durch Verbundstoff-Bremssohlen in Form der LL-Bremssohle (Low Noise Low Friktion), würde zu einer deutlichen Minderung des vom Schienengüterverkehr ausgehenden Lärms führen.“
Seit Mittwoch auf den Weg gebracht
Inzwischen hat auch der zuständige Verkehrsausschuss den Gesetzentwurf auf den Weg gebracht: In der Ausschusssitzung am Mittwoch stimmten alle Fraktionen der Vorlage in der durch einen Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD geänderten Fassung zu. Am Donnerstag wird sich der Bundestag abschließend mit der Neuregelung befassen.

Der Gesetzentwurf sieht mit Beginn des Netzfahrplans 2020/2021 am 13. Dezember 2020 ein Verbot des Einsatzes lauter Güterwagen auf dem deutschen Schienennetz vor. Laut der Vorlage soll ein relativer Schallemissionsgrenzwert festgelegt werden, der beim Betrieb von Güterzügen nicht überschritten werden darf. Erreicht werden soll die Lärmsenkung vor allem durch die Umrüstung der Güterwagen auf leise Bremsen. In dem Gesetzentwurf sind auch Voraussetzungen für Ausnahmen und Befreiungen von dem Verbot geregelt.
Befreiungen von dem Verbot soll es der Vorlage nach für Güterwagen geben, „für die es nachweisbar keine zugelassenen schallmindernden Austauschteile gibt, die an Stelle herkömmlicher Ersatzteile eingebaut werden können“. Außerdem sollen auch Güterwagen befreit werden, „die aus Gründen des historischen Interesses oder zu touristischen Zwecken betrieben werden“.
Änderungen eingebracht
Durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird nun geregelt, dass auch Güterwagen auf Steilstrecken auf Antrag von den Verboten und Beschränkungen für laute Güterwagen befreit werden können. Mit Blick auf die Erkenntnis, dass bis Ende 2020 noch nicht alle Güterwagen, insbesondere nicht jene ausländischer Betreiber, umgerüstet sein werden, haben Unions- und SPD-Fraktion eine weitere Änderung vorgenommen. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war vorgesehen, dass Güterzüge, in die laute Güterwagen eingestellt sind, ihre Geschwindigkeit reduzieren müssen. Gleichzeitig sollten deren Betreiber sogenannte Langsamfahrtrassen im Netzfahrplan beantragen müssen. Da eine Vielzahl solcher Langsamfahrtrassen jedoch negative Folgen für die Netzkapazität hätten, soll nun die Trassenzuweisung für langsame Züge, in die laute Güterwagen eingestellt sind, ausschließlich im Gelegenheitsverkehr erfolgen.
Mit dem Gesetzentwurf werde ein weiteres Ziel aus dem Koalitionsvertrag, die Halbierung des Schienenlärms bis 2020, umgesetzt, sagte ein Vertreter der Unionsfraktion. Durch die Regelung hätten deutsche, aber auch ausländische Güterzugbetreiber, die benötigte Klarheit. Mit Blick auf die Änderungen sagte der Unionsvertreter, bei der Expertenanhörung zu dem Gesetz sei deutlich geworden, dass die Einführung von Langsamfahrtrassen die Netzkapazität zu stark beeinträchtigen würde.
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist die Regelung überfällig. Bei der Umsetzung seien auch viele Anregungen der Bundesländer aufgenommen worden. Die SPD-Vertreterin betonte, dass aus Sicht der Koalitionsfraktionen das Vorhaben durchaus europarechtskonform sei.
Zuspruch für die Neuregelung kam auch von der Opposition. Sie begrüße den Gesetzentwurf ebenso wie die eingebrachten Änderungsvorschläge, sagte die Vertreterin der Linksfraktion. Zugleich machte sie darauf aufmerksam, dass damit das Problem des Lärmschutzes noch nicht vollständig geregelt sei.
Unterstützt wurde der Gesetzentwurf auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Seine Fraktion plädiere dennoch für eine stärkere Spreizung der Trassennutzungspreise mit Blick auf die Lärmverursachung, sagte der Grünen-Vertreter. Außerdem sprach er sich dafür aus, eine Evaluation verbindlich im Gesetz zu regeln und nicht nur in der Begründung zu erwähnen. Ein dahingehender Änderungsantrag der Grünen fand jedoch im Ausschuss keine Mehrheit.
Belastung an der Rheinstrecke – europäische Lösung angemahnt
„Das Verbot lauter Güterwagen ab 2020 auf dem deutschen Netz ist Grundvoraussetzung für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und damit mehr Verkehr auf der Schiene. Das DVF begrüßt deshalb die Zustimmung des Bundestages zu diesem Gesetz. Während deutsche Güterwagenhalter bereits in leise Wagen investieren, warten ausländische Wagenhalter ab. Damit torpedieren sie die Anstrengungen der Vorreiter für leiseren Schienenverkehr und belasten insbesondere die Anwohner entlang der Rheinstrecke, die besonders von Schienenlärm betroffen sind“, so Dr. Florian Eck, stellvertretender DVF-Geschäftsführer.
„Europa wird wesentlich mehr in die Umrüstung lauter Güterwagen investieren müssen, um laute Wagen europaweit abzuschaffen“, sagt Eck. Das Bremsumrüstungsprogramm des Bundes für alte Güterwagen sei ein wichtiger erster Schritt gewesen, um den bestehenden Wagenpark leiser zu machen. Mit dem gesetzlichen Verbot lauter Güterwagen folge nun der vom DVF geforderte logische zweite Schritt.
Allerdings weist Eck darauf hin, dass im Schienenlärmschutzgesetz einige Ausnahmen vorgesehen sind. „Mit der Beschränkung der Ausnahmen vom Verbot auf Gelegenheitsverkehre geht der Gesetzgeber in die richtige Richtung, um die Kapazitäten des Schienennetzes nicht drastisch zu beschneiden. Er hätte jedoch eine stärkere Trassenpreisspreizung einführen sollen, um auch den ökonomischen Anreiz zur Umrüstung anzukurbeln“, so Eck weiter.
Eck fordert an dieser Stelle die Bundesregierung auf, die Europäische Union (EU) ebenso zu einem Verbot lauter Güterwagen ab 2020 zu bewegen. Dazu müsse die EU den Unternehmen bessere und höhere finanzielle Anreize für eine Umrüstung ihrer lauten Güterwagen bieten. Eck: „Die EU sollte ein Interesse daran haben, den Schienengüterverkehr zu fördern und damit Akzeptanz bei der Bevölkerung zu schaffen. Dazu muss sie dann auch Gelder in die Hand nehmen, was sie bisher in zu geringem Maße tut.“