Der Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt, der besonders von Trockenheit und Hochwasser betroffen ist, zeigt, wie vorausschauendes Grundwassermanagement aussehen kann.
Eine Projektgruppe unter Leitung des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung hat ein Pionierpapier entwickelt: „Leitbild 2040 Grundwasser – Ziele und Maßnahmen für ein nachhaltiges Grundwassermanagement im Landkreis Mansfeld-Südharz.“ Dieses umfassende Konzept, an dem alle Interessengruppen von der Landwirtschaft über Wasserversorger bis hin zu Umweltbehörden beteiligt waren, wird am 7. Juni 2024 dem Landrat übergeben.
Das Ziel ist es, die Grundwasserkörper in einem guten Zustand zu halten. Dies fordern Umweltschützer, die sie als ökologischen Lebensraum erhalten wollen, genauso wie Land- und Forstwirte, die sie als Lebensgrundlage für ihre Kulturen benötigen, und Wasserversorger, die Trinkwasser für die Bevölkerung gewinnen. Doch durch Klimawandel und menschliche Einflüsse sind Menge und Qualität des Grundwassers in Deutschland nicht überall nachhaltig gesichert.
Im Landkreis Mansfeld-Südharz entschied sich der örtliche Wasserversorger aufgrund von Uranfunden im Grundwasser bereits 2018 für den Anschluss an die Fernwasserversorgung. Seitdem ist der Landkreis weitgehend von der Rappbodetalsperre als einziger Versorgungsquelle abhängig. Der Verlust von Wasserschutzgebieten und die Auswirkungen des Klimawandels könnten zukünftige Grundwasservorkommen erheblich beeinträchtigen und wichtige Funktionen wie die Notversorgung gefährden.
Diese Herausforderungen führten dazu, dass die ISOE-Nachwuchsforschungsgruppe 2021 alle relevanten Interessenvertreter im Landkreis an einen Tisch brachte. Die Notwendigkeit eines präventiven Grundwassermanagements vor Ort wurde von den Stakeholdern erkannt, und sie engagierten sich vier Jahre lang in der Projektgruppe.
Gegensätzliche Interessen konstruktiv vereint
Beim Thema Wasser stehen sich im politischen Alltag oft Bauernverbände, Forstwirte, Wasserversorger, Umweltschützer und Behörden unversöhnlich gegenüber. Dass die Projektgruppe alle Parteien erfolgreich zusammengebracht hat, ist wegweisend. Dr. Fanny Frick-Trzebitzky, Co-Projektleiterin am ISOE, zeigt sich überzeugt: „Es ist gelungen, gemeinsam Lösungsvorschläge zum nachhaltigen Schutz des Grundwassers zu formulieren. Die Ergebnisse werden nun aktiv von den Projektteilnehmenden in ihre Verbände und Institutionen getragen.“ Dies erleichtert der Kreisverwaltung die Umsetzung erheblich.
Mehr Schutz, mehr Zusammenarbeit: Empfehlungen des Leitbilds
Um die Quantität und Qualität des Grundwassers bis 2040 und darüber hinaus zu sichern, empfiehlt das Leitbild:
- Erweiterung des Messstellen-Netzes, um bessere Daten über das verfügbare Grundwasser und Verschmutzungen zu erhalten.
- Zentralisierung des Datenmanagements, damit Behörden, Versorger, Landwirtschaft und Wissenschaft gemeinsam die Daten nutzen können.
- Anhebung des Wasserentnahmeentgelts („Wassercent“) zur Finanzierung von Schutzmaßnahmen, etwa zur Entschädigung von Landwirten, die nicht düngen.
- Einrichtung von Grundwasserschutzzonen und Vermeidung neuer Versiegelungen.
- Umweltbildung, um den Wert von Grundwasser für Privatpersonen erfahrbar zu machen.
Die Beteiligten drängen insbesondere auf die Gründung einer ständigen Arbeitsgruppe („Wasserrat Mansfeld-Südharz“), um die vorgeschlagenen Maßnahmen besser zu unterstützen.
Startschuss für den Umsetzungsprozess
Der heute an die Stellvertreterin des Landrats, Christiane Beyer, übergebene Maßnahmenkatalog versteht sich als weit gesteckte Handlungsempfehlung, die „einige Ressourcen“ mobilisieren müsse, so Frick-Trzebitzky vom ISOE. Steffen Hooper vom Umweltamt des Landkreises Mansfeld-Südharz ergänzt: „Es braucht nun zusätzliches Geld und Personal, um Prioritäten zu bestimmen, Konflikte im Verwaltungsalltag vorzubeugen und zumindest eine punktuelle Umsetzung des Leitbilds zu erreichen.“
Entstehung des „Leitbilds 2040“
Das „Leitbild 2040 Grundwasser – Ziele und Maßnahmen für ein nachhaltiges Grundwassermanagement im Landkreis Mansfeld-Südharz“ entstand zwischen 2021 und 2024 im Rahmen des Forschungsprojekts „regulate – Regulation von Grundwasser in telegekoppelten sozial-ökologischen Systemen.“ Telekopplung bezeichnet die an einem Ort spürbaren ökologischen und sozialen Auswirkungen der Ressourcennutzung an einem anderen Ort. Das ISOE führte die Projektleitung, und beteiligt waren neben den Forscher*innen der Goethe-Universität Frankfurt und der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau zahlreiche lokale Interessengruppen.
Das Leitbild steht als Download zur Verfügung: ISOE-Leitbild.
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