Als Sonntagmorgen, 20. November der letzte Hammer fiel, ist die Klimakonferenz in Sharm El Sheikh mit eineinhalb Tagen Verspätung zu Ende gegangen. Im Fokus stand die Frage, ob die Lücke zwischen den Zielen des Pariser Abkommens und den tatsächlichen Maßnahmen geschlossen werden konnte und ob eine Verbesserung der internationalen Unterstützung für Entwicklungsländer im Allgemeinen und die Finanzierung der durch den Klimawandel verursachten Verluste und Schäden im Besonderen gelingt. Das Wuppertal Institut hat die Verhandlungen vor Ort verfolgt und nun die wichtigsten Verhandlungsergebnisse in einer Analyse zusammengefasst.

Die diesjährige UN-Klimakonferenz, auch Conference of the Parties, kurz COP27, genannt – fand unter enormen logistischen Herausforderungen statt. Die Atmosphäre an dem weitläufigen Tagungsort wurde durch die allgegenwärtige Präsenz ägyptischer Sicherheitskräfte getrübt, die sowohl die Zivilgesellschaft als auch die Delegationen überwachten. Unter diesen Umständen wurden selbst für COP-Verhältnisse extrem langsame Fortschritte erzielt. Eine Rekordzahl von Tagesordnungspunkten konnte in der ersten Woche nicht abgearbeitet werden und musste daher in der zweiten Woche weitergeführt werden. Am Ende lieferte die Konferenz dennoch wichtige Ergebnisse, wie etwa die Einrichtung eines Fonds für Verluste und Schäden.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dieser Fonds tatsächlich die Erwartungen der gefährdeten Länder erfüllen wird. In Bezug auf den Klimaschutz hat die COP die Gelegenheit verpasst, die Dekarbonisierung und die Normen zur Bekämpfung fossiler Brennstoffe zu stärken – Fortschritte gab es kaum.

Die wichtigsten Ergebnisse der COP27

„Einerseits hat die COP27 Geschichte geschrieben, indem endlich der langjährigen Forderung der Entwicklungsländer nachgegeben wurde, einen entsprechenden Fonds für Verluste und Schäden einzurichten. Allerdings wurde zu wenig dafür getan, um Verluste und Schäden durch die Eindämmung des Klimawandels von vornherein zu verhindern“, erklärt Wolfgang Obergassel, Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut. „Was den Klimaschutz angeht, geht der ‘Sharm El Sheikh Implementation Plan’ kaum über den Glasgower Klimapakt hinaus, der während der COP26 vergangenes Jahr vereinbart wurde.

Die ägyptische Präsidentschaft legte offenbar keinen großen Wert auf ein starkes Ergebnis beim Thema Emissionsminderung.“ So wurde beispielsweise der indische Vorschlag zum Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen nicht in die Textentwürfe aufgenommen. Positiv zu vermerken ist, dass es der Konferenz gelungen ist, sich auf ein Arbeitsprogramm zu einigen, das den Ehrgeiz und die Umsetzung von Emissionsminderungsmaßnahmen steigern soll und spezifische Diskussionen über Möglichkeiten und Hindernisse entlang konkreter sektoraler Systeme ermöglichen wird. „Das Arbeitsprogramm hätte jedoch noch konkreter sein können, wenn es direkt auf die Ergebnisse der Konferenz von Glasgow aufgebaut hätte – etwa mit Erörterung spezifischer Fahrpläne für den Ausstieg aus der Kohle und der Beendigung ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe. Mit dem breiten Arbeitsprogramm, das in Sharm El Sheikh vereinbart wurde, bleibt daher abzuwarten, ob es gelingt, konkrete Fragen der Ambitionssteigerung und der Umsetzung anzugehen.“

„Es muss aber auch festgehalten werden, dass die 1,5-Grad-Grenze letztlich nicht durch die Verabschiedung von COP-Beschlüssen erreicht wird, sondern durch die Stärkung und Umsetzung der Nationally Determined Contributions (NDCs)“, betont Christof Arens, Senior Researcher im Forschungsbereich Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut. „Die COP kann eine fördernde Rolle spielen, letztlich zählt aber das Handeln vor Ort. Und den Ländern, die einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und andere Maßnahmen gefordert haben, steht es völlig frei, entsprechende Ziele und Maßnahmen in ihre NDCs zu schreiben und sie auch umzusetzen.“

Arbeitsprogramm für einen gerechten Strukturwandel aufgestellt

Ein etwas überraschendes Ergebnis der COP27 war die Aufstellung eines Arbeitsprogramms für gerechten Strukturwandel, dessen Einzelheiten im kommenden Jahr festgelegt werden. Doch die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich findet bereits statt: Eine erste Partnerschaft für einen gerechten Strukturwandel (Just Energy Transition Partnership, JETP) wurde bereits vergangenes Jahr für Südafrika angekündigt und eine zweite für Indonesien wurde auf dem G20-Gipfel in Bali parallel zur COP27 ins Leben gerufen. Weitere JETPs werden derzeit mit Indien, Vietnam und dem Senegal verhandelt.

„Just Transition Energy Partnerships sind ein vielversprechendes Instrument, um Finanzmittel für die Energiewende zu mobilisieren und umzusetzen, und ich erwarte, dass weitere Länder folgen werden“, sagt Dr. Lukas Hermwille, Senior Researcher im Forschungsbereich Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut. „Ein Arbeitsprogramm für einen gerechten Übergang ist sinnvoll, um diese Erfahrungen zu bündeln, Lehren daraus zu ziehen sowie Leitlinien und Instrumente für gute Praktiken zu entwickeln – zum Beispiel für die Messung des Fortschritts bei der Verwirklichung eines gerechten Übergangs.“

Neben der Beobachtung der Verhandlungen nahm das Wuppertal Institut auch an einer Reihe von Veranstaltungen teil. Das offizielle Sideevent des Wuppertal Instituts, das es gemeinsam mit der University of Technology Sydney, Ecologic, Climate Analytics und WISE Europa organisierte, konzentrierte sich auf wissenschaftsbasierte Ziele und sektorale Klimaclubs, um einen industriellen Wandel anzustoßen. Weitere Sideevents befassten sich mit der möglichen Rolle des Emissionshandels.