Das kenianische Nakuru County setzt auf klimafreundliche Landwirtschaft als Antwort auf die zunehmenden Herausforderungen des Klimawandels. Gemeinsam mit der Cereal Growers Association (CGA), der Farm to Market Alliance (FtMA) und dem Agrartechnologieunternehmen Boomitra hat die County-Regierung ein Pilotprojekt gestartet, das Landwirte bei der Einführung nachhaltiger Anbaumethoden unterstützt.

Ziel ist es, durch bodenschonende Landwirtschaft CO₂ zu binden und daraus sogenannte „Carbon Credits“ zu generieren. Diese Emissionszertifikate können auf internationalen freiwilligen Kohlenstoffmärkten verkauft werden und eröffnen den teilnehmenden Landwirten eine zusätzliche Einkommensquelle. Grundlage dafür ist die kürzlich verabschiedete kenianische „Climate Change (Carbon Markets) Regulation 2024“, die klare Rahmenbedingungen für transparente und rechtskonforme Teilnahme am Emissionshandel schafft.

Nakuru: Agrarregion mit Klimarisiken

Die Region Nakuru liegt rund 160 Kilometer nordwestlich von Nairobi und zählt zu den wichtigsten Agrarregionen des Landes. Gleichzeitig ist sie stark vom Klimawandel betroffen – extreme Wetterereignisse wie Dürren oder Starkregen gefährden regelmäßig Ernten und Existenzen. Das Cropland Carbon Farming-Projekt reagiert auf diese Entwicklungen mit gezielten Maßnahmen wie reduzierter Bodenbearbeitung, Fruchtwechsel und Zwischenfruchtanbau. Diese Methoden verbessern nicht nur die Bodenstruktur, erhöhen die Wasserspeicherfähigkeit und fördern die Biodiversität, sondern ermöglichen auch eine langfristige Bindung von Kohlenstoff im Boden.

Neue Chancen durch freiwillige Emissionsmärkte

Die freiwilligen Emissionsmärkte (Voluntary Carbon Markets, VCM) haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Sie bieten Ländern des Globalen Südens die Möglichkeit, durch emissionsvermeidende oder -bindende Maßnahmen Zertifikate zu schaffen, die auf internationalen Märkten verkauft werden können – meist an Unternehmen, die ihre Klimabilanz verbessern wollen. Doch der Markt ist im Wandel: Qualitätsdebatten, Preisvolatilität und mangelnde Transparenz haben dazu geführt, dass nur noch Projekte mit nachvollziehbarer Methodik und glaubwürdiger Verifizierung als vertrauenswürdig gelten. Boomitra, der technische Partner des Nakuru-Projekts, setzt daher auf satellitengestützte KI-Technologie, um die Kohlenstoffbindung im Boden präzise zu messen und den Zertifizierungsprozess nachvollziehbar zu gestalten.

Afrikanische Vorreiterprojekte im Überblick

Das Vorhaben in Nakuru ist kein Einzelfall. In mehreren afrikanischen Ländern entstehen derzeit vergleichbare Projekte, die Klimaschutz, Landwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung miteinander verknüpfen. In Äthiopien etwa wurde mit dem Humbo Community Reforestation Project eines der ersten CO₂-Projekte auf dem Kontinent erfolgreich umgesetzt. In Simbabwe wird mit dem großflächigen Kariba REDD+-Projekt Entwaldung verhindert und gleichzeitig ein Beitrag zum Gemeinwohl geleistet. Auch in der Sahelzone – insbesondere in Senegal – wird im Rahmen der Initiative „Great Green Wall“ Aufforstung mit klimaangepasster Landwirtschaft kombiniert. In Nordkenia wiederum verbindet das NRT-Carbon-Projekt nachhaltige Weidewirtschaft mit der Generierung von Carbon Credits, während in Ghana Agroforstsysteme im Kakaoanbau auf eine ähnliche Marktintegration vorbereitet werden.

Nakuru als Modell für nachhaltige Entwicklung

Diese Beispiele zeigen, dass afrikanische Regionen zunehmend eigenständige und marktkompatible Wege in der Verbindung von Landwirtschaft und Klimapolitik beschreiten. Das Projekt in Nakuru verfolgt dabei nicht nur die Monetarisierung von Emissionsreduktionen, sondern vor allem die Stärkung der Resilienz der lokalen Landwirtschaft. Leonard Bor, der zuständige County-Vertreter für Landwirtschaft, bezeichnet das Projekt als „konkrete Perspektive für die Verbindung ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit“. Nakuru könnte somit zum Vorbild für weitere Regionen in Kenia und darüber hinaus werden. Gelingt es, landwirtschaftliche Produktivität mit den Anforderungen globaler Klimastrategien zu vereinen, kann das Land nicht nur zur Ernährungssicherheit beitragen, sondern auch seine Position in internationalen Klimapartnerschaften stärken.