Eine Erhöhung der Pendlerpauschale, der Fortbestand von Subventionen für Agrardiesel und eine neue Gasförderoffensive – es sind Passagen wie diese, die Umweltverbände und Klimaforscher derzeit aufhorchen lassen. Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung aus CDU/CSU und SPD trägt den Titel „Verantwortung für Deutschland“. Doch beim Klimaschutz, so der Eindruck vieler Expertinnen und Experten, wird diese Verantwortung allenfalls verwaltet – nicht gestaltet.
Zwar bekennen sich die Koalitionspartner zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045. Doch konkrete Maßnahmen, die diesem Ziel gerecht würden, sind rar. Vieles bleibt vage, zentrale Instrumente wie das Klimageld fehlen, und in besonders sensiblen Bereichen – etwa dem Verkehrs- oder Energiesektor – deuten sich sogar Rückschritte an. Was Fortschritt sein könnte, wirkt halbherzig. Was nötig wäre, wird vertagt.
Viel Erdgas, wenig Ehrgeiz
Die wohl deutlichste Verschiebung liegt in der Energiepolitik: Union und SPD setzen wieder verstärkt auf Erdgas als Brückentechnologie. Im Koalitionsvertrag heißt es, man wolle „langfristige, diversifizierte, günstige Gaslieferverträge mit internationalen Anbietern“ sichern. Gleichzeitig wird der Ausbau heimischer Gasförderung in Aussicht gestellt. Umweltverbände wie Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe warnen: Wer heute Infrastruktur für fossiles Gas schafft, zementiert die Abhängigkeit für Jahrzehnte.
Auch die unterirdische CO2-Speicherung (CCS) soll in großem Stil kommen – nicht nur für industrielle Prozesse, sondern auch für Gaskraftwerke. Fachleute wie die Denkfabrik Agora Energiewende kritisieren: Das wäre faktisch eine Dauersubvention für fossiles Erdgas.
Kein Klimageld, aber steigende Preise
Ab 2027 gilt der EU-weite Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2). Das heißt: Tanken und Heizen werden teurer. Zwar betonen Union und SPD, dass die Einnahmen „an Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben“ werden sollen. Ein konkretes Klimageld, wie es Ökonomen und der Expertenrat der Bundesregierung fordern, findet sich im Vertrag jedoch nicht. Damit droht nicht nur soziale Schieflage, sondern auch Akzeptanzverlust.
Zaghafte Fortschritte bei Erneuerbaren und Verkehr
Beim Ausbau der Erneuerbaren bleibt es beim Bekenntnis. Wind- und Solarenergie sollen weiter ausgebaut werden, ebenso Stromspeicher und Netze. Das Deutschlandticket bleibt bestehen – ein Lichtblick im Verkehrssektor, der in der Vergangenheit zu den großen CO2-Verursachern gehörte. Dennoch fehlen klare Zielmarken: Die 15 Millionen E-Autos bis 2030, eine Verdopplung des Bahnverkehrs oder der Schienengüteranteil – all das wird nicht mehr genannt.
Im Gegenteil: Die Bahn verliert ihre Beteiligung an der Lkw-Maut, der Straßenbau wird wieder priorisiert. Auch die Pendlerpauschale soll erhöht werden, ebenso wie Subventionen für Agrardiesel – Maßnahmen, die laut Fachleuten mehr CO2 verursachen.
Gebäudeenergiegesetz vor dem Aus
Das Heizungsgesetz der Ampel – formal das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – soll abgeschafft und durch eine Reform ersetzt werden. Zwar heißt es, die Heizungs- und Sanierungsförderung werde fortgesetzt. Doch klare Standards fehlen. Statt ambitionierter EH40-Förderung wird der niedrigere EH55-Standard favorisiert – deutlich weniger effizient.
Ein Koalitionsvertrag mit klimapolitischer Unschärfe
Union und SPD vermeiden allzu offene Rückschläge – aber auch jeden großen Wurf. Viele Versprechen bleiben vage, zentrale Instrumente wie das Klimageld fehlen, und in sensiblen Bereichen wie Verkehr oder Energie drohen Rückschritte. Die neue Koalition bekennt sich zum Ziel der Klimaneutralität – aber der Weg dahin bleibt unklar.
[…] spoke of a „repressive coalition“ because the ecological crisis was not being tackled. fair-economics.de, tagesschau.de, […]