Der Klimaforscher Bjorn Stevens wirft dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Alarmismus vor.

Im Gespräch mit der Wochenzeitung DIE ZEIT wies der Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg ein Worst-Case-Szenario seiner Potsdamer Kollegen zurück, in dem diese unter anderem vor dem Verschwinden aller Wolken durch die Erderwärmung gewarnt hatten. „Das ist Unsinn“, so Stevens. Das Szenario sei falsch. „Es basiert auf einer aus dem Zusammenhang gerissenen Arbeit unseres Instituts und auf einem zweiten Paper, das zahlreiche Mängel hat.“ Das dramatische Verhalten des Klimas in dieser Simulation beruhe auf einer groben Vereinfachung der Wolken, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun habe. Man könne Wolken nicht so leicht loswerden, sagt Stevens, dessen Forschungsgruppe Wolken in Klimamodellen simuliert und auf dessen Expertise in Wolkenfragen sich der Weltklimabericht maßgeblich stützt. Warum seine Kollegen etwas anderes behaupten würden, müsse man diese fragen. „Ich kann nur bewundern, wie die Kollegen dort die Fachliteratur nach den alarmierendsten Geschichten durchforsten.“

Generell glaubt der Wolkenforscher: „Wenn man genau hinschaut, halten die alarmierendsten Geschichten einer wissenschaftlichen Überprüfung oft nicht stand.“

Dies gilt in Stevens Augen auch für Kipppunkt-Prognosen zum Abschmelzen des Antarktis-Eises, zum Kollaps des Golfstroms und zur Versteppung des Amazonas-Regenwalds. Für ihn seien Kipppunkte eine sich beschleunigende Veränderung, die man nicht rückgängig machen könne: „Aber die Tipping-Points, die mein Kollege Hans Joachim Schellnhuber und andere am PIK hervorheben, basieren auf ihrer privaten, viel schwächeren Definition. Da werden Tipping-Points umgedeutet, sodass auch weniger abrupte oder sogar umkehrbare Klimaveränderungen darunterfallen. Mit dieser Neudefinition finden sie Kipppunkte überall. Dann ist Daueralarm.“

Sein Institut verharmlose Kipppunkte nicht, lege aber mehr Wert auf Klarheit. Trotz seiner Kollegenschelte hält Bjorn Stevens die globale Erwärmung für ein „Riesenproblem, auch weil wir so wenig über ihre tatsächlichen Auswirkungen wissen.“