Die Arbeitswelt steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Mit der rasant wachsenden Leistungsfähigkeit Künstlicher Intelligenz (KI) werden nicht nur einfache, repetitive Tätigkeiten automatisiert, sondern zunehmend auch anspruchsvolle geistige Arbeiten. Maschinen, die Texte schreiben, Diagnosen stellen oder Verträge analysieren – all das ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern Teil unseres Alltags.

Doch was bedeutet das für uns Menschen? Werden wir überflüssig? Und wenn nicht: In welchen Bereichen haben wir überhaupt noch eine Zukunft?

Der Microsoft-Mitgründer und Tech-Visionär Bill Gates hat dazu eine klare Meinung. In Interviews und Podcasts spricht er offen darüber, dass viele Jobs, wie wir sie heute kennen, bald Geschichte sein könnten. Gleichzeitig nennt er aber auch drei Berufsfelder, die seiner Einschätzung nach „KI-sicher“ sind – also Bereiche, in denen menschliche Fähigkeiten auch langfristig unverzichtbar bleiben. Es sind Berufsbilder, in denen Technologie zwar eine Rolle spielt, die aber auch Kreativität, strategisches Denken und tiefes Fachwissen erfordern.

Ein genauerer Blick auf diese drei Berufe lohnt sich – nicht nur für junge Menschen in der Berufsorientierung, sondern auch für all jene, die sich in Zeiten des Wandels neu ausrichten möchten.

Programmierer:innen: Zwischen Technik und Verantwortung

Wer an die Zukunft denkt, kommt an der Digitalisierung nicht vorbei – und damit auch nicht an jenen, die sie gestalten. Programmiererinnen und Programmierer gelten in der öffentlichen Wahrnehmung oft als stille Tüftler im Hintergrund. Doch ihre Rolle wandelt sich.

KI-Modelle wie ChatGPT oder GitHub Copilot können heute bereits ganze Codeblöcke schreiben. Was zunächst wie eine Bedrohung für den Berufsstand klingt, ist in Wirklichkeit eine Verschiebung der Aufgaben. Denn Maschinen produzieren zwar Code, aber sie verstehen ihn nicht. Sie machen Fehler, treffen Annahmen und brauchen Korrektur.

Deshalb braucht es Menschen, die diese Prozesse überwachen, verbessern und weiterentwickeln. Gates betont: Solange Maschinen nicht eigenständig Verantwortung übernehmen oder komplexe Zusammenhänge ethisch bewerten können, bleiben erfahrene Entwicklerinnen und Entwickler unverzichtbar.

Der Weg in diesen Beruf ist vielfältig. Neben dem klassischen Informatikstudium an Universitäten und Fachhochschulen gibt es praxisorientierte HTLs, intensive Coding-Bootcamps oder Online-Programme für das Selbststudium. Entscheidend ist nicht nur das technische Können, sondern auch die Fähigkeit zur Reflexion – und der Wille, mit der Technik zu wachsen, statt sich von ihr überrollen zu lassen.

Energieexpert:innen: Die Architekt:innen der Wende

Ein weiteres Berufsfeld, das laut Gates Zukunft hat, liegt in der Energiebranche. Der Grund: Sie ist komplex – technisch, ökonomisch und politisch. Und genau das macht sie resistent gegenüber vollständiger Automatisierung.

Ob es um den Ausbau erneuerbarer Energien geht, um intelligente Stromnetze oder um Speicherlösungen für schwankende Energieproduktion – hier sind strategisches Denken, vernetztes Handeln und langfristige Planung gefragt. Fähigkeiten, die derzeit keine Maschine leisten kann.

Zudem steigen die Anforderungen: Der Klimawandel, geopolitische Spannungen und die Energiewende in Europa sorgen dafür, dass Fachkräfte in diesem Bereich dringend gesucht werden. Allein in Österreich erwartet die Statistik Austria über 10.000 neue Stellen in der Umweltwirtschaft bis 2030 – Tendenz steigend.

Gefragt sind dabei nicht nur Ingenieurinnen für Windkraft oder Solartechnik, sondern auch Techniker, Energieberaterinnen und Forschende im Bereich neuer Energieträger wie Wasserstoff. Der Zugang erfolgt klassisch über technische Studiengänge oder HTLs, aber auch über praxisnahe Ausbildungen wie die Lehre im Anlagenbau. Wer bereits im Beruf steht, kann sich über Weiterbildungen spezialisieren – etwa auf Photovoltaik oder Energiespeichertechnologien.

Biolog:innen: Mit Intuition und Forschergeist

Der dritte Bereich, den Gates als besonders zukunftsfähig beschreibt, überrascht auf den ersten Blick: Biologie. Schließlich arbeiten auch in der Medizin und den Lebenswissenschaften längst KI-Systeme – sie analysieren Genomdaten, werten MRTs aus und schlagen Therapien vor.

Doch genau hier liegt die Grenze: KI kann Daten verarbeiten – aber sie kann nicht forschen. Sie entdeckt keine Zusammenhänge, stellt keine Hypothesen auf, denkt nicht quer.

Biologische Forschung hingegen lebt vom kreativen Denken, von der Neugier, vom Mut, Neues auszuprobieren. Sie findet oft jenseits bestehender Modelle statt – und genau dafür braucht es Menschen. Gates nennt die Fähigkeit zum „Über-den-Tellerrand-hinaus-Denken“ als zentrales Argument für die Unverzichtbarkeit von Biolog:innen.

Ob in der medizinischen Forschung, in der Biotechnologie oder im Umweltbereich: Fachkräfte, die Daten interpretieren, mit verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten und komplexe Systeme verstehen, werden auch künftig gebraucht. Studiengänge wie Molekularbiologie, Biotechnologie oder Umweltbiologie bieten fundierte Einstiege, ergänzt durch Spezialisierungen etwa im Bereich Bioinformatik oder Biodiversität.

Ein Blick nach vorn

Die Angst vor der „KI-Revolution“ ist verständlich – schließlich verändert sie nicht nur Arbeitsprozesse, sondern ganze Berufsbilder. Doch statt sich in dieser Angst zu verlieren, lohnt ein konstruktiver Blick auf das, was bleibt – und das, was entsteht.

Die drei von Gates genannten Berufsfelder sind Beispiele für eine neue Arbeitswelt, in der menschliche Intelligenz nicht verschwindet, sondern sich neu ausrichtet. Es sind Berufe, in denen Maschinen Werkzeuge sind – aber keine Ersatzmenschen.

Für alle, die heute beruflich neu starten oder sich weiterentwickeln möchten, gilt: Setzt auf Lernbereitschaft, auf kritisches Denken – und auf den Mut, dort Verantwortung zu übernehmen, wo Maschinen noch lange nicht mithalten können.