Jordanien steht an vorderster Front der Klimakrise. Unregelmäßige Regenfälle, extreme Temperaturen und zunehmende Wasserknappheit setzen die Landwirtschaft des Landes massiv unter Druck. Während sich Bauern verzweifelt bemühen, ihre Ernten zu retten, warnen Experten vor einer weiteren Verschärfung der Lage.

„Der Klimawandel hat die Landwirtschaft erheblich gestört“, sagt Sohaib Ayyad, ein Agraringenieur mit Spezialisierung auf Saatgut, Dünger und Pflanzenschutz. „Die Pflanzzeiten verschieben sich, Regen bleibt aus – das zwingt Bauern zu teuren Schutzmaßnahmen, um ihre Erträge zu sichern.“

Die Auswirkungen sind bereits sichtbar. Bei Grundnahrungsmitteln wie Weizen und Gerste sind die Verluste dramatisch. „Letztes Jahr waren die Pflanzen um diese Zeit 20 bis 30 Zentimeter hoch. Dieses Jahr erreichen sie gerade einmal 10 bis 15 Zentimeter,“ berichtet Ayyad.

Doch nicht nur der Regenmangel macht den Landwirten zu schaffen. Extreme Temperaturen sorgen für zusätzliche Herausforderungen. „Knoblauch braucht eine Temperatur von 17 bis 25 Grad, um richtig zu wachsen. Wird es zu kalt, müssen Bauern viel Geld investieren, um die Pflanzen zu schützen. Die vorhergesagten Temperaturen für diese Woche könnten katastrophal sein,“ erklärt Ayyad.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die zunehmende Trockenheit erhöht den Salzgehalt der Böden – eine Entwicklung, die das Wachstum vieler Pflanzen weiter erschwert.

Globale Krise mit lokalen Folgen

Auch Umweltschützer schlagen Alarm. „Der Klimawandel ist längst keine bloße Umweltfrage mehr – er ist eine globale Bedrohung für die Sicherheit,“ warnt Omar Shoshan, Präsident der Jordan Environment Union. Die Industrieländer hätten ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen nicht eingehalten, was Länder wie Jordanien besonders hart treffe.

Das 2015 verabschiedete Abkommen soll den globalen Temperaturanstieg auf unter 2°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen – idealerweise auf 1,5°C. Doch aktuelle Daten des Weltklimarats (IPCC) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zeigen: 2024 wurde dieser Wert bereits überschritten.

„Seit 2015 steigen die Temperaturen kontinuierlich an. Die Hitzerekorde in den Jahren 2023 und 2024 zeigen, dass wir weit vom Ziel entfernt sind. Bleibt der Trend unverändert, werden wir das Pariser Abkommen nicht einhalten können“, so Shoshan.

Doch die Folgen sind mehr als nur Temperaturrekorde. Bis 2030 rechnet Shoshan mit steigender Armut, Migration und politischer Instabilität. „Im Gegensatz zu wohlhabenderen Staaten hat Jordanien nicht die Ressourcen, um sich von Klimakatastrophen schnell zu erholen.“

Bauern im Überlebenskampf

Besonders hart trifft es die Landwirtschaft. „Landwirte brauchen berechenbare Jahreszeiten. Bleiben die Winterregen aus oder steigen die Temperaturen im Sommer plötzlich stark an, ist ihre gesamte Existenz bedroht.“

Neben den Wetterextremen machen auch Schädlinge, Frostwellen und veränderte Marktbedingungen den Bauern zu schaffen. Shoshan erzählt von einem drastischen Vorfall auf dem Olivenhof seiner Familie: „Eine einzige Frostwelle hat 3.000 Bäume zerstört – das war ein enormer finanzieller Verlust.“

Jordanien kämpft gegen die Klimakrise

Angesichts dieser Bedrohung hat die Regierung eine nationale Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels ins Leben gerufen. Das Landwirtschaftsministerium arbeitet dabei eng mit den Ministerien für Umwelt, Wasser und lokale Verwaltung zusammen.

„Wir setzen auf nachhaltiges Wassermanagement und moderne Technologien,“ erklärt Ministeriumssprecher Lawrence Majali. Dazu gehören künstliche Wälder in Nord- und Südjordanien sowie der Einsatz von aufbereitetem Abwasser zur Bewässerung trockener Gebiete. In den vergangenen drei Jahren wurden 155 Bodendämme im Osten des Landes gebaut, um Regenwasser zu speichern, sowie zehn große Staudämme im Westen, um die landwirtschaftliche Wasserversorgung zu sichern.

Eine zentrale Rolle spielt auch der Einsatz neuer Technologien. „Wir fördern innovative Anbaumethoden wie Hydroponik und Aquaponik, die den Wasserverbrauch drastisch reduzieren.“ Um Landwirten die Umstellung zu erleichtern, bietet die Regierung zinslose Kredite für Wassersparmaßnahmen und alternative Energiequellen an.

Zudem arbeitet das Ministerium mit Genossenschaften zusammen, um moderne Technologien flächendeckend einzuführen. „Nur durch nachhaltige Innovationen kann Jordanien seine Landwirtschaft langfristig sichern“, betont Majali.

Jordanien steht vor gewaltigen Herausforderungen. Während der Klimawandel das Land immer weiter austrocknet, sind die Bauern gezwungen, sich mit teuren und aufwendigen Maßnahmen anzupassen. Doch es gibt Hoffnung: Die Regierung setzt verstärkt auf nachhaltige Landwirtschaft und Wasserbewirtschaftung.

Ob diese Maßnahmen ausreichen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Klar ist: Jordanien kann den Kampf gegen die Klimakrise nicht alleine gewinnen – es braucht internationale Unterstützung. Andernfalls drohen nicht nur wirtschaftliche Verluste, sondern auch soziale und politische Spannungen, die weit über die Landwirtschaft hinausgehen.

weitere Informationen:  Wassermanagement in Nahost