In den letzten Wochen gab es Irritationen über die Frage, ob das H2-Lkw-Projekt von Hyundai in der Schweiz gestoppt wird. Die Zeitschrift Transaktuell hat als erste darüber berichtet. Der koreanische Autobauer Hyundai hat die Fortsetzung seines grünen Vorzeigeprojekts in der Schweiz überraschend abgesagt. Als Grund werden laut der Zeitung „extrem schwankende Energiepreise“ genannt. Auch der Lkw Xcient Fuel Cell wird hierzulande nicht verkauft. FAIReconomics hat nun nachgefragt, wie es tatsächlich um das H2-Truck-Projekt in der Schweiz bestellt ist. Wir sprachen mit Patrick Huber, dem Chairmann der H2 Energy Holding.

FAIReconomics: Was ist dran an den Medienberichten über den Stopp des H2-LKW-Projekts?

Hyundai Hydrogen Mobility oder einer seiner Partner haben nicht die Absicht, seine Aktivitäten rund um die Schweizer Brennstoffzellen-Initiative einzustellen. Wir sind fest entschlossen, unser Geschäftsmodell für den Schwerlasttransport mit Brennstoffzellen zusammen mit dem bestehenden Partnernetzwerk in der Schweiz weiter auszuführen und zu entwickeln. Was den Artikel betrifft, halte ich es nicht für sinnvoll, ihn weiter im Detail zu diskutieren, da leider weder Hyundai Hydrogen Mobility noch H2 Energy vor der Veröffentlichung des Artikels in die Recherchen und Untersuchungen von Trans Aktuell einbezogen worden waren.

FAIReconomics: Wenn wir richtig informiert wurden, sollte reiner grüner Wasserstoff für den Antrieb der Brennstoffzellen-Lkw verwendet werden. Wäre es für einen Wasserstoff-Ramp-up nicht sinnvoll, die Farbtheorie des Moleküls gar nicht erst zu beachten?

Die Etablierung von Wasserstoff als Pfeiler unseres Energiesystems ist eine große Aufgabe und in gewissem Maße muss man bei der Bewältigung solcher Aufgaben pragmatisch vorgehen, aber man muss auch der ursprünglichen Idee treu bleiben. Bei der ursprünglichen Idee geht es um die Dekarbonisierung. Die Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie sind bewährte und etablierte Technologien, aber die größte Herausforderung besteht darin, kommerziell tragfähige Geschäftsmodelle für Wasserstoffanwendungen zu finden.

In der Vergangenheit wurde grauer Wasserstoff verwendet, um die Kosten für Wasserstoff zu senken, aber heute ist grauer Wasserstoff nicht mehr in demselben Umfang und zu denselben Kosten zugänglich wie in der Vergangenheit. Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass grauer oder blauer Wasserstoff in Zukunft verwendet wird, weil er einfach zu teuer ist.

Grüner Wasserstoff, der mit überschüssigem erneuerbarem Strom erzeugt wird, wird bei weitem die billigste Lösung sein. Daher sollte man sich schon heute auf die Infrastruktur konzentrieren, die auf die Lieferkette für grünen Wasserstoff abgestimmt ist. Erst wenn es um die Überbrückung von Engpässen bei grünem Wasserstoff oder den Ausbau der nachgelagerten Infrastruktur geht, kann man wasserstoffbezogene „Farbenblindheit“ rechtfertigen.

FAIReconomics: Inwieweit ist der Absatz der Lkw von der Tankstelleninfrastruktur abhängig?

Die Tankstellen- oder nachgelagerte Infrastruktur ist natürlich für die Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen unerlässlich. Ich sehe ein großes Interesse bei Investitionen in diesem Bereich. Die Tankstellenbesitzer wollen bei der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft nicht außen vor bleiben. Betrachtet man zudem das gesamte Wasserstoff-Ökosystem, so machen die Investitionskosten für Wasserstofftankstellen weniger als 10 Prozent der Gesamtinvestitionen aus, und eine Wasserstofftankstelle kann in der Regel in weniger als einem Jahr gebaut werden.

Die Komplexität von Wasserstofftankstellen liegt jedoch in den technischen Spezifikationen für den Druck. Die AFIR (Alternative Fuel Infrastructure Regulation), die verbindliche Zielvorgaben für die nachgelagerten Wasserstoffinfrastrukturen festlegt, stützt sich in hohem Maße auf 700 bar und die Betankungskapazitäten für flüssigen Wasserstoff.

Ich stimme dieser Annahme nicht zu, da beide Technologien für den Schwerlastverkehr zu teuer sind und der Schwerlastverkehr eine wesentliche Voraussetzung für eine beträchtliche Abnahme von Wasserstoff und damit für einen profitablen Geschäftsfall für die Betreiber von Wasserstofftankstellen oder Investoren ist.

In der Schweiz verwenden wir eine 350-bar-Lösung, weil wir damit den Wasserstoff an der Zapfsäule für rund 2 EUR billiger abgeben können als mit der 700-bar-Lösung. Für den flüssigen Wasserstoff können wir keinen genauen Kostenvergleich anstellen, da diese Technologie noch nicht in der Praxis für die Mobilität eingesetzt wird.

FAIReconomics: Was sind die Pläne von Hyundai H2 für das kommende Jahr?

Wir werden unser Angebot weiter verbreitern und unser Geschäft ausbauen. Während die ersten Lkw alle mit einer Hartschalenbox ausgestattet waren, haben wir nun die Möglichkeit, auch Planenlösungen anzubieten und werden hoffentlich Anfang des neuen Jahres in der Lage sein, unseren europäischen Kunden auch den Wechselcontainer anzubieten.

In Deutschland sehen wir nach wie vor eine starke Nachfrage nach Brennstoffzellenfahrzeugen und wollen daher dieses Geschäft so schnell wie möglich weiter ausbauen. Darüber hinaus streben wir eine geografische Ausweitung unseres Geschäfts auf die Nachbarländer von Deutschland und der Schweiz an und sehen dazu gute Möglichkeiten in Frankreich, Dänemark, Österreich und den Niederlanden.