Das jährliche Wachstum von Wäldern schwankt aufgrund von Witterungsextremen wie Dürren und Starkregen. Diese Schwankungen fallen bei artenreichen Wäldern geringer aus als bei artenarmen. Zudem produzieren Wälder mit vielen Baumarten mehr Holz. Dabei kommt es nicht nur auf die Vielfalt der Baumarten an, sondern auch auf die Vielfalt ihrer Eigenschaften. Das konnte ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften Beijing (CAS) nachweisen. Das Team liefert wichtige Impulse, wie die Forstwirtschaft Wälder mit stabiler Produktivität fördern kann.
Weltweit stehen Wälder unter Stress. Aufgrund der zunehmenden Erderwärmung müssen sie sich immer schneller an Klimaschwankungen und damit einhergehende Wetterextreme anpassen. Das führt zu reduziertem Wachstum und zum Absterben von Bäumen, so dass Wälder weniger Kohlenstoff aufnehmen und gleichzeitig vermehrt Kohlenstoff abgeben. Das wiederum treibt den Klimawandel an. Ökosystemleistungen wie Klimaregulation, Wasserspeicherung oder die Bereitstellung von (Bau-)Materialien gehen ebenfalls zurück.
Ein internationales Forschungsteam hat nun untersucht, welche Faktoren das Funktionieren von Wäldern unter Klimastress bestimmen und wie sie zusammenwirken. Das Team umfasste Mitglieder von iDiv, CAS, der Universität Leipzig (Uni Leipzig), der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Uni Halle), der Technischen Universität Dresden (Tharandt) (TUD), der Universität Zürich und weiterer Einrichtungen. Sie fanden heraus: Wälder mit einem hohen Artenreichtum sind am besten gegen Stress versichert. Wenn einzelne Baumarten eines Waldes aufgrund von Witterungsextremen wie einem Starkregen- oder Dürrejahr weniger wachsen, können andere diesen Ausfall ausgleichen. So wird die Produktivität des Gesamtsystems sichergestellt und stabilisiert.
Artenreiche Bestände sind stabiler
Insgesamt hatten artenreiche Bestände durch diese Versicherung gegen Witterungsschwankungen eine stabilere Biomasseproduktion als Monokulturen. Das bedeutet, dass der jährliche Holzzuwachs des Waldes weniger schwankt.
„Dieser Zusammenhang von Artenreichtum und Wachstumsstabilität und die dafür verantwortlichen Mechanismen konnten bisher nur in Grünland-Experimenten nachgewiesen werden. Wir belegen diese nun erstmalig auch unter experimentellen Bedingungen für hochdiverse subtropische Waldökosysteme“, sagt Erstautor Florian Schnabel, Doktorand bei iDiv und der Uni Leipzig. „Wir konnten außerdem zeigen, dass artenreiche Bestände nicht nur besser versichert waren als Monokulturen, sondern gleichzeitig auch mehr Holz produzierten“, so Schnabel.
Der Forscher ist Mitglied des internationalen Graduiertenkollegs TreeDì, das die Durchführung der Studie maßgeblich ermöglichte.
Die Wachstumsstabilität der untersuchten Wälder ergab sich nicht allein durch die Anzahl unterschiedlicher Baumarten, sondern vor allem durch ihre unterschiedlichen Eigenschaften. Bezogen auf das Wachstum von Bäumen kann das beispielsweise bedeuten, dass eine Art in einem feuchten und eine andere in einem trockenen Jahr gut wächst, was als „Asynchronität“ bezeichnet wird. Je unterschiedlicher diese Eigenschaften und je dynamischer die sich daraus ergebenden, wechselseitigen Austauschbeziehungen zwischen den Arten (z. B. bei der Wasser-, Licht- und Nährstoffnutzung), desto stärker diese Asynchronität und dadurch die Wachstumsstabilität der gesamten Baumartengemeinschaft.
Stabilität im Wachstum
Die Untersuchungen ergaben, dass für die Stabilität des Wachstums besonders Faktoren wie die Trockentoleranz sowie die Wasserleit- und Verdunstungsfähigkeit der Bäume entscheidend sind. Je unterschiedlicher eine Waldgemeinschaft in diesen Eigenschaften war, desto stabiler war auch die gemeinschaftliche Biomasseproduktionsrate bei schwankenden Klimabedingungen. Die Waldgemeinschaften mit dem gleichmäßigsten Wachstum waren also nicht solche, die von trockentoleranten Arten dominiert wurden, sondern jene, die sich durch eine Vielfalt an Trockentoleranz- oder Wassernutzungs-Strategien auszeichneten.
Die Daten der Studie stammen von BEF-China, dem weltweit größten Freilandexperiment zur Untersuchung der biologischen Vielfalt von Wäldern und der Funktionsweise von Ökosystemen. Hier entstand kürzlich auch eine weitere Studie, die die vorliegenden Ergebnisse stützt.
Deren Letztautorin Dr. Xiaojuan Liu von der CAS sagt: „Auch unsere Untersuchungen zeigten: Gepflanzte Wälder mit einer hohen Vielfalt an Baumarten mit unterschiedlichen Eigenschaften, erzielen eine höhere Produktivität als Wälder mit einer geringen Vielfalt.“ Liu ist gleichzeitig Co-Erstautorin der erstgenannten Studie.
Beide Studien unterstreichen, dass die Wachstumsstabilität und Produktivität von Sekundär- und Plantagenwäldern durch einen erhöhten Baumartenreichtum verbessert werden kann. Sie liefern damit wichtige Impulse für Wald-Bewirtschaftungsstrategien, nicht nur in subtropischen Gegenden. Sie legen der weltweiten Forstwirtschaft und Initiativen zur CO2-Kompensation durch Wälder nahe, sich auf den Aufbau, die Wiederherstellung und die Erhaltung vielfältiger, artenreicher Wälder zu konzentrieren. Nur so kann ihre Wachstumsstabilität und Produktivität angesichts des Klimawandels erhalten und erhöht werden.
Letztautor der Studie, Prof. Christian Wirth, ist iDiv-Sprecher, Forschungsgruppenleiter in der Uni Leipzig sowie Fellow am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Er unterstreicht die Wichtigkeit des Forschungsergebnisses: „Die Wälder der Welt werden immer stärker von Dürreperioden heimgesucht. Wir müssen daher ihre Funktionsfähigkeit dringend schützen. Ein entscheidender Baustein dafür ist eine Veränderung unserer Waldbewirtschaftung: Weg von Monokulturen, hin zu vielfältigen Mischungen – sei es durch Anpflanzungen oder natürliche Wiederbewaldung.“ Das ist die beste Versicherung für die Wälder selbst, wie natürlich auch für ihre Nutzerinnen und Nutzer.“
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