Die neue Bundesregierung muss zum Schutz und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen dringend die Bundeszuständigkeiten neugestalten, um Natur- und Klimaschutz zu ihrem Recht zu verhelfen. Deswegen braucht das Umweltministerium beim Naturschutz deutlich mehr Handlungsspielraum und Durchsetzungskraft gegenüber den Nutzungs-Ressorts wie den Ministerien für Landwirtschaft-, Wirtschaft und Verkehr.

Vorschläge für strukturelle und gesetzliche Änderungen macht ein juristisches Gutachten der Rechtsanwältin Cornelia Ziehm im Auftrag von Greenpeace (https://act.gp/Gutachten_Umweltpolitik). „In Deutschland wird der Naturschutz schon viel zu lange mit Füßen getreten und geltendes Recht missachtet. Das muss die neue Bundesregierung dringend ändern“, sagt Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland.

„Der europarechtlich gebotene Schutz von Wäldern, Grundwasser und Meeren wird nicht durchgesetzt und von anderen Ministerien sogar aktiv behindert. Deswegen braucht das Umweltministerium juristische und administrative Hebel für mehr Durchsetzungsvermögen.“

Laut Gutachten sollte das Umweltministerium unter anderem hauptverantwortlich zuständig sein bei Verwaltungsvorgaben zum Schutz der Natur. Zudem sollte es nicht mehr verpflichtet sein, sich mit Ministerien zu einigen, die Nutzungsinteressen einseitig vertreten. Dazu zählt auch die Bewilligung finanzieller Förderungen zum Naturschutz. Zudem fordert Greenpeace auf juristischer Ebene für das Umweltministerium bei Fragen von erheblicher ökologischer Bedeutung außerhalb des eigenen Geschäftsbereichs ein Initiativ- und Widerspruchsrecht für den Naturschutz.

Naturschutz nur auf dem Papier

Deutschland hat sich in zahlreichen internationalen und regionalen Abkommen zum Schutz der Natur verpflichtet. Dazu gehört, Schutzgebiete an Land und im Meer einzurichten sowie die europäischen Rechtsinstrumente wie die Nitrat-, Vogelschutz- und FFH-Richtlinie zum Gewässer-, Natur- und Artenschutz umzusetzen. „Die bisherige Bundesregierung hat mit einer Doppelmoral regiert, die Rechtsstaatlichkeit bezüglich EU-Recht massiv einfordert und diese im Naturschutz selbst massiv missachtet „, so Kaiser.

Das Gutachten nennt Beispiele, in denen die Bundesregierung diese Verpflichtungen nicht erfüllt hat. So sind der Verzicht auf Kahlschläge und der Aufbau naturnaher Wälder im Bundesnaturschutzgesetz vorgeschrieben. Verwaltungsrechtliche Pflichten zur Durchführung von FFH-Verträglichkeitsprüfungen ignoriert die Forstwirtschaft oft schlichtweg.

Kommerzielle Fischerei und Sand- und Kiesabbau verhindern den Schutz der deutschen Nord- und Ostsee. Daher läuft aktuell ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, das zu Strafzahlungen in täglicher Millionenhöhe führen kann.

Die Stickstoffüberdüngung aus der Landwirtschaft bedroht die Artenvielfalt seit Jahrzehnten. Deutschland setzt die Vorgaben der europäischen Nitratrichtlinie zum Schutz des Trinkwassers und der Oberflächengewässer nur unzureichend um. Auch hier läuft ein Vertragsverletzungsverfahren. Flüsse und Meere befinden sich auch durch die Einträge von Nitrat und Pestiziden aus der Landwirtschaft in einem schlechten Zustand.