Der Nachwuchswissenschaftler Thomas Rippel hat in diesem Jahr den Audience Award des Falling Walls Labs erhalten. Sein Erfolgsrezept? Er mischte Kuhmist mit Sauerkrautsaft, um dem Klimawandel den Kampf anzusagen.
Mit Sauerkraut die Welt verändern
„I don’t call me a scientist, I’m a farmer.“ erklärte Nachwuchswissenschaftler Thomas Rippel, der diesjährige Gewinner des Audience Awards des Falling Walls Labs in Berlin. Unter 100 Innovatoren aus 38 Nationen konnte der Jungunternehmer der Kooperative „Organic Standard“ überzeugen. Sein Erfolgsrezept? Er mischte Kuhmist mit Sauerkrautsaft, um dem Klimawandel den Kampf anzusagen.
Die Kuh – ein Klimakiller?
Kuhdung ist Segen und Fluch zugleich. In der heutigen bäuerlichen Landwirtschaft wird Kuhmist einerseits als fruchtbarer Dünger verwendet. Andererseits wurde die Kuh in neuesten Forschungen als „Klima-Killer“ ermittelt, die die Umwelt mit sehr hohen Treibhausgasemissionen belastet. 450.000 t klimaschädlicher Gase wurden im Jahr 2007 allein in Deutschland durch Kühe verursacht. Thomas Rippel, im Herzen Landwirt, befindet sich derzeit in der Fachausbildung für biologische dynamische Landwirtschaft bei demeter. In der demeter-Philosophie wird der Bauernhof als lebendiger Organismus aufgefasst, in dem alle Teilbereiche ineinandergreifen. Der geschlossene Kreislauf hat das Ziel, fruchtbare und lebendige Böden zu erhalten und gesunde Pflanzen zu produzieren. Dazu ist die Rinderhaltung im demeter-Anbau vorgeschrieben. Der Kuhdung ist für die Herstellung von Kompost und einen fruchtbare Erde unabdingbar. Rippel verstand die Notwendigkeit des Dungs für die Bauern, beobachtete jedoch gleichzeitig, dass diese den Dung oft monatelang aufbewahren müssen. Der Kuhmist wird nur zu bestimmten Jahresrhythmen auf die Felder ausgefahren. Durch die langen Lagerzeiten geht jedoch ein großer Teil der wertvollen Inhaltsstoffe verloren, die dann als Ammoniak-Gase in die Umwelt geleitet werden. Kuhdung kann durch Milchsäurebakterien haltbar gemacht werden. Doch woher nehmen?
Sauerkrautsaft – ein Abfallprodukt
„We are here in crowd-country“, offenbarte Rippel auf der Pressekonferenz des Falling Walls Labs am 9. November 2012. Auch als echter Schweizer ist ihm die Produktion von Sauerkraut nicht fremd. In riesigen Gärsilos wird der Weißkohl einem mehrstufigen Gärprozess ausgesetzt. Durch das zugefügte Salz wird dieser entwässert und als Abfallprodukt der Produktion entsteht Sauerkrautsaft. Jährlich werden Millionen Liter Sauerkrautsaft in Sauerkrautfabriken entsorgt. Sauerkrautsaft enthält einen hohen Anteil Milchsäurebakterien.
Die Geschäftsidee: „Aus Scheiße Geld machen“
Die zwei Seiten des Kuhmistes sowie die Überproduktion von Sauerkrautsaft machte sich Thomas Rippel zunutze: „Durch die Zugabe von Sauerkrautsaft und Pflanzenkohle in die Gülle verhindert man deren Faulungsprozess, stabilisiert damit die Nährstoffe und baut den Humusgehalt im Boden auf.“ Damit würde der Kreislauf wieder geschlossen. Die Nährstoffe im Dung sind länger haltbar und der sonst nicht verwertete Sauerkrautsaft findet weitere Verwendung. Eine Win-Win-Situation in der Landwirtschaft.
Thomas Rippel möchte mit seinem regionalen Projekt „Organic Standards“ bei natürlichem Humusaufbau, sowie möglichst durch einer Eliminierung von chemischen Pestiziden und Düngemitteln, die Fruchtbarkeit steigern und eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft fördern. Organic Standard hat sich zum Ziel gesetzt schweizerische Landwirte zu beraten, um ökologisch nachhaltige Projekte in der Region zu fördern. Die eingesparten Treibhausgasemissionen werden dann an außenstehende Unternehmen als CO2-Kompensationen weiterverkauft. Die Haltbarkeit von Kuhfladen mit Sauerkraut zu verlängern ist erst der Anfang, aus Scheiße Geld zu machen.
Lea Schulz