Der erste „Faktencheck Artenvielfalt“ bietet einen tiefen Einblick in den Zustand der biologischen Vielfalt in Deutschland und zeichnet ein alarmierendes Bild:
Über die Hälfte der natürlichen Lebensräume befinden sich in einem ökologisch bedenklichen Zustand, und der Verlust wertvoller Flächen schreitet täglich voran. Die Konsequenzen sind drastisch: Die Populationen zahlreicher Tier- und Pflanzenarten schrumpfen, ihre genetische Vielfalt nimmt ab, und einige Arten sterben aus. Bereits ein Drittel der untersuchten Arten gilt als gefährdet, drei Prozent sind bereits vollständig verschwunden. Die Ergebnisse stammen aus der Arbeit von über 150 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die mehr als 6000 Publikationen ausgewertet haben. Diese Erkenntnisse wurden in einer umfangreichen Datenbank zusammengeführt und analysiert.
Besonders betroffen sind ehemals artenreiche Acker- und Grünlandflächen, Moore, Wälder und Sümpfe. Auch die Tier- und Pflanzenwelt leidet: Von den rund 72.000 bekannten Arten in Deutschland wurden bisher nur 40 Prozent hinsichtlich ihres Gefährdungsstatus untersucht, und von diesen gelten fast ein Drittel als bedroht. Besonders die Intensivierung der Landwirtschaft und der Klimawandel setzen der biologischen Vielfalt zu. Gleichzeitig zeigt der Bericht auch, dass gezielte Maßnahmen positive Effekte haben können, wie etwa die Verbesserung der Wasserqualität oder der Schutz von Wäldern.
Die wissenschaftliche Gemeinschaft warnt zudem vor der unzureichenden Datenerhebung, insbesondere in Bezug auf die Artenvielfalt in urbanen Räumen und im Boden. Auch fehlende Langzeitstudien erschweren die Analyse. Helge Bruelheide, Professor für Geobotanik an der Universität Halle, betont, dass die Ursachen des Biodiversitätsverlusts aufgrund der lückenhaften Datenlage nur unzureichend verstanden werden können. Trotz der Herausforderungen zeigt der Bericht aber auch Handlungsoptionen auf: Eine ökologisch nachhaltigere Landwirtschaft und der Schutz von Lebensräumen stehen dabei im Vordergrund. Erfolgreiche Projekte, die zeigen, dass biodiversitätsfördernde Maßnahmen funktionieren können, sollten als Vorbilder für eine umfassendere Transformation dienen.
Ein wichtiger Punkt des Berichts ist auch die Forderung nach einem Umdenken in der politischen und wirtschaftlichen Praxis. Es wird betont, dass der Schutz der biologischen Vielfalt auch wirtschaftlich von Vorteil ist: Artenreiche Ökosysteme sind widerstandsfähiger und leisten wichtige Beiträge zur Klimaregulation, zur Nahrungsmittelproduktion und zur Aufrechterhaltung von Nährstoffkreisläufen.
Experten, wie Volker Mosbrugger von der Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA), betonen, dass der „Faktencheck Artenvielfalt“ eine wissenschaftlich fundierte Grundlage bietet, um wirksame Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität in Deutschland zu ergreifen. Der Bericht liefert nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern auch Empfehlungen für konkrete politische und gesellschaftliche Maßnahmen, die dringend notwendig sind, um den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen.
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