Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments fordern ein neues EU-Gesetz, das Unternehmen dafür zur Verantwortung zieht, wenn ihr Handeln Menschen oder dem Planeten schadet. Das dürfte weit über den Entwurf, auf den sich Arbeits-, Wirtschafts- und das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit in monatelangem Ringen geeinigt hatten.

Gestern debattierten die Abgeordneten im Plenum des Europäischen Parlaments einen Bericht des Rechtsausschusses über die Rechenschaftspflicht von Unternehmen. Darin wird die Kommission aufgefordert, ein Gesetz vorzulegen, das Unternehmen in der EU dazu verpflichtet, sich mit Aspekten ihrer Lieferketten zu befassen, die Menschenrechte (einschließlich soziale Rechte sowie Gewerkschafts- und Arbeitsrechte), die Umwelt (zum Beispiel der Beitrag zum Klimawandel) und die Regeln guter Unternehmensführung verletzen könnten.

Das ethisch Richtige zu tun verschafft Unternehmen im Moment keinen Wettbewerbsvorteil. Dass die EU in dieser Angelegenheit momentan keinen gemeinsamen Ansatz fährt, könnte zu einem Nachteil für diejenigen Unternehmen führen, die in Bezug auf soziale und ökologische Angelegenheiten proaktiv handeln, heißt es in dem Bericht. Daher fordern die Abgeordneten die Einführung von Vorschriften für alle großen Unternehmen in der EU, aber auch für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) und KMUs, die zum Beispiel „riskante“ Lieferketten mit größeren Unternehmen teilen.

Die verbindlichen Vorschriften sollen auch über die Grenzen der EU hinausgehen, so die Abgeordneten. Das bedeutet, dass auch Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, nachweisen müssten, dass sie ihre Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt erfüllen, um Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten.

Die Abgeordneten fordern zudem, dass die Rechte von Betroffenen oder Opfern in Drittstaaten, die besonders verletzlich sind, besser geschützt werden. Sie setzten sich außerdem für ein Importverbot von Produkten ein, die mit schweren Menschenrechtsverletzungen wie Zwangs- oder Kinderarbeit in Verbindung stehen.

„Das Europäische Parlament hat diese Woche die Chance, eine Vorreiterrolle in verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln zu übernehmen. (…) Für die Unternehmen schaffen wir gleiche Wettbewerbsbedingungen und Rechtsklarheit. Für die Verbraucher sorgen wir für faire Produkte. Für die Arbeitnehmer verbessern wir den Arbeitnehmerschutz. Für die Opfer verbessern wir den Zugang zur Justiz. Und für die Umwelt machen wir einen Schritt, der längst überfällig ist.“ Berichterstatterin Lara Wolters (S&D, Niederlande) 

Im Februar 2020 veröffentlichte die Kommission eine Studie, aus der hervorging, dass nur eines von drei Unternehmen in der EU derzeit Sorgfaltsmaßnahmen umsetzt, obwohl 70 Prozent der europäischen Unternehmen EU-weite Sorgfaltspflichtvorschriften unterstützen. Das Parlament wird am Mittwoch über den Bericht abstimmen.