Neue Klimamodell-Analyse prognostiziert eine Ausbreitung der subtropischen Trockenzonen; regelmäßige extreme Sommer-Trockenheit droht insbesondere dem Mittelmeerraum

Der menschengemachte Klimawandel und die daraus resultierenden Veränderungen des globalen Wasserkreislaufes werden in den kommenden Jahrzehnten zu einem deutlichen Anstieg der Dürrehäufigkeit auf der Nordhalbkugel führen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Expertenteam unter der Leitung von Klimaforschenden des Alfred-Wegener-Institutes in einer neuen Studie, die heute im Fachjournal npj Climate and Atmospheric Science erschienen ist. Die Fachleute haben Klimasimulationen der neuesten Modellgeneration für drei verschiedene Emissions- und Entwicklungsszenarien analysiert und dabei untersucht, inwiefern sich das sommerliche Dürrerisiko in allen Regionen der Nordhalbkugel verändern wird. Demnach steigt die Dürregefahr vor allem in den subtropischen Gebieten: Erwärmt sich die Erde bis zum Jahr 2100 um mehr als 4 Grad Celsius, werden Regionen wie der Mittelmeerraum statistisch betrachtet in jedem Jahr von extremer Trockenheit heimgesucht.

Dürren treten vornehmlich im Sommer auf, denn ihr Zustandekommen hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: erstens von der Lufttemperatur – je wärmer die Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen, was theoretisch zu mehr Verdunstung führt; zweitens von den zumeist fehlenden Niederschlägen und drittens von der Menge an Feuchtigkeit, die an der Erdoberfläche verdunstet.

„Alle drei Parameter werden in der neuesten Generation globaler Klimamodelle deutlich besser dargestellt als in Vorgängermodellen. Unser Ziel war es deshalb, mithilfe der sogenannten CMIP6-Modelle zu untersuchen, inwiefern sich diese Faktoren und damit auch die Dürrehäufigkeit auf der Nordhalbkugel verändern. Dazu haben wir drei Erwärmungsszenarien betrachtet, bei denen sich die Welt bis zum Ende dieses Jahrhunderts im Mittel um etwa 1,8 Grad Celsius, 2,7 Grad Celsius oder um etwa 4,4 Grad Celsius erwärmt“, erklärt Erstautor Daniel Balting, Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Die verwendeten Erwärmungsszenarien gehören zu den sogenannten gemeinsamen sozioökonomischen Entwicklungspfaden (Shared Socioeconomic Pathways, SSPs), die globale gesellschaftliche, demographische und ökonomische Entwicklungen abbilden. Klimamodellierende rund um den Globus nutzen diese SSPs als Antriebsdaten für Klimasimulationen. Für die neue Studie wurden Modellläufe analysiert, die drei verschiedene Entwicklungen aufgreifen: ein Pfad mit früher, wirksamer Klimapolitik und geringen Treibhausgasemissionen (SSP1-2.6), eine Zukunft mit einer verzögerten Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und mittleren Emissionen (SSP 2-4.5) sowie eine mögliche Welt mit hoher Industrialisierung, fehlenden Klimaschutzmaßnahmen und entsprechend hohen Emissionen (SSP5-8.5).

Steigende Temperaturen und abnehmende Niederschläge verstärken das Dürrerisiko vielerorts

Die Simulationsergebnisse zeigen einen klaren Trend. „Je mehr Treibhausgase freigesetzt werden, desto heißer werden die Sommer. Selbst im Szenario mit mittleren Emissionen prognostizieren die Klimamodelle einen Temperaturanstieg von 3 bis 5 Grad Celsius für die subtropischen und mittleren Breiten der Nordhalbkugel. Besonders warm wird es dann im Mittelmeerraum, im zentralen Nordamerika, in Teilen Grönlands und Sibiriens sowie in großen Gebieten Zentralasiens“, berichtet Daniel Balting.

Parallele Entwicklungen sehen die Forschenden in den Niederschlagsmustern. Am kleinsten fallen die Veränderungen im Szenario mit niedrigen Emissionen aus. Die entsprechenden Klimasimulationen zeigen mehr Niederschläge im Gebiet der Sahara sowie im Norden Asiens, in Alaska und an der Ostküste Nordamerikas. Einen deutlichen Rückgang der Niederschläge prognostizieren die Modelle dagegen für das zentrale Nordamerika sowie für große Teile des Mittelmeerraumes. „Das Ausmaß der Niederschlagsextreme wird sich mit zunehmender Erwärmung verstärken und immer größere Gebiete betreffen. Den Modellergebnissen zufolge werden sich Menschen und Natur in Mittelamerika, in großen Teilen Europas und Zentralasiens sowie in Nordafrika auf deutlich weniger Regen einstellen müssen als sie es bislang gewohnt sind“, sagt AWI-Klimaforscherin und Ko-Autorin Dr. Monica Ionita.

Zunehmen wird im Zuge der Erwärmung auch die Verdunstung, weshalb die Forschenden einen deutlichen Anstieg der Dürrehäufigkeit in den am stärksten betroffenen Gebieten vorhersagen: „Regionen wie der Mittelmeerraum werden sich bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu Dürre-Hotspots entwickeln, in denen moderate bis extreme Trockenheit im Extremfall sogar jährlich auftreten kann, abhängig davon, wie viel Treibhausgase die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten ausstoßen wird“, sagt Daniel Balting.
Die Ergebnisse lassen zudem die Schlussfolgerung zu, dass sich die Trockenzonen der Subtropen künftig Richtung Norden ausbreiten und Natur und Mensch vor enorme Herausforderungen stellen werden.

Für Mitteleuropa sagen die Klimasimulationen nur dann eine Zunahme der Dürrehäufigkeit voraus, wenn die Treibhausgasemissionen auf sehr hohem Niveau verharren. „Dieses Teilergebnis ist jedoch mit Vorsicht zu betrachten“, so Daniel Balting. Auch die neueste Generation globaler Klimamodelle hat noch Schwierigkeiten, die tatsächlich beobachteten Dürren in Mitteleuropa realitätsgetreu abzubilden. Sie würden diese eher unterschätzen. „Wir gehen deshalb davon aus, dass die Modelle auch bei ihren Berechnungen zur künftigen Dürrehäufigkeit eher zu kleine Werte für Mitteleuropa ausgeben“, sagt der Wissenschaftler.

Die Studie ist heute als Open Access-Beitrag im Nature-Fachjournal npj Climate and Atmospheric Science erschienen. Ihr Originaltitel lautet:

Daniel Balting, Amir AghaKouchak, Gerrit Lohmann & Monica Ionita (2021): Northern hemisphere drought risk in a warming climate. npj Climate and Atmospheric Science, https://doi.org/10.1038/s41612-021-00218-2