Geographen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der University of Cambridge haben herausgefunden, dass der Sommer 2023 der heißeste Sommer auf der Nordhalbkugel seit dem Jahr 1 nach Christus war. Ihre Ergebnisse, die heute in der Online-Ausgabe von Nature veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass der Klimawandel stärker ist als bisher angenommen.

Der Sommer 2023 war außergewöhnlich heiß. Bilder von verheerenden Waldbränden in Frankreich, Griechenland und Kanada prägten die Nachrichten. Forscher der JGU und der University of Cambridge haben nun tief in die Vergangenheit geblickt und entdeckt, dass die Hitze des vergangenen Sommers in den letzten zwei Jahrtausenden beispiellos war.

In ihrer Studie, die von Prof. Dr. Jan Esper vom Geographischen Institut der JGU geleitet wurde, verglich das Team Temperaturen von Landmassen der Nordhalbkugel zwischen dem 30. und 90. Breitengrad. Diese Region umfasst Europa, große Teile Nordamerikas und Asiens und beherbergt die meisten Wetterstationen weltweit.

Zunächst verglichen die Forscher die in den Monaten Juni, Juli und August 2023 gemessenen Temperaturen mit denen der vorindustriellen Zeit (1850-1900). Sie stellten fest, dass die Durchschnittstemperatur des Sommers 2023 um 2,07 Grad Celsius höher war als die der Sommer der vorindustriellen Zeit. Um einen noch umfassenderen Vergleich zu ermöglichen, nutzten die Forscher ein bestehendes internationales Archiv von Klimadaten, die mithilfe von Baumringen rekonstruiert wurden und bis ins Jahr 1 zurückreichen.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Sommer 2023 in diesem langen Zeitraum der heißeste war und um 2,2 Grad wärmer als der durchschnittliche Sommer seit dem Jahr 1“, sagte Esper. „Dies verdeutlicht, wie dramatisch sich die Erde erwärmt und wie wichtig es ist, die Treibhausgasemissionen unverzüglich zu senken.“

Vorindustrielle Zeit kühler als bisher angenommen

Die Studie führte auch zu einer weiteren beunruhigenden Entdeckung: „Unsere Berechnungen zeigen, dass die Durchschnittstemperatur in der Zeit von 1850 bis 1900 um 0,24 Grad niedriger war als bisher auf Grundlage der Daten von Wetterstationen angenommen“, sagte Esper. „Das würde bedeuten, dass die Erwärmung größer ist als bisher gedacht und dass die Klimaziele neu kalkuliert werden müssen.“

So zielt beispielsweise das Pariser Abkommen darauf ab, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die Forscher sind überzeugt, dass ihre auf Basis von Baumringen rekonstruierten Temperaturen genauer sind als die der Wetterstationen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. „Damals gab es in dem von uns betrachteten Bereich nur 58 kontinuierliche Wetterstationen, von denen 45 in Europa lagen. Das bedeutet, dass für viele Regionen der Nordhalbkugel und die gesamte Südhalbkugel keine ausreichenden Wetteraufzeichnungen vorliegen“, erklärte Esper. Zudem sei bekannt, dass viele der damals erhobenen Daten ungenau waren, da sie beispielsweise von unzureichend geschützten Thermometern stammten.

Die in Nature veröffentlichte Studie wurde teilweise durch einen ERC Advanced Grant, einen Förderpreis der Europäischen Union, für Jan Esper finanziell unterstützt.