Plastik ist billig. Und bleibt. An Stränden, in Flüssen, in Fischen – und in der Wirtschaft. In Kenia bauen sie daraus jetzt Boote. Die sehen aus wie ein Kindergeburtstag, haben aber ein ziemlich erwachsenes Ziel: eine kreislauffähige Zukunft. Vielleicht geht Wandel ja doch – aber eben anders als gedacht.

Der Müll ist da. Er geht nicht weg.

Es beginnt – wie viele gute Geschichten – mit einem Spaziergang. Der britische Unternehmer Ben Morison läuft 2015 an einem Strand auf der kenianischen Insel Lamu entlang und sieht, was alle sehen: Plastik. Überall. Flip-Flops, Flaschen, Zähneputzbecher. Aber er schaut hin – wirklich. Und fragt sich: Könnte man aus dem Müll nicht… etwas bauen?

Sie konnten. Gemeinsam mit dem lokalen Bootsbauer Ali Skanda und dem Umweltaktivisten Dipesh Pabari entsteht ein Dhow – also ein traditionelles Holzsegelboot –, nur dass es eben nicht aus Holz besteht. Sondern aus zehn Tonnen Altplastik und über 30.000 gebrauchten Flip-Flops. Ein Symbolprojekt? Ja. Aber eines, das fährt. Und das Fragen stellt, die man nicht so leicht abschüttelt wie Sand an den Füßen.

Ein Exportproblem. Ohne Exportlösung.

Lamu ist kein Einzelfall. Rund 13 Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr in den Weltmeeren. Ein Großteil stammt aus Ländern, in denen es kaum formelle Müllabfuhr gibt – wie in vielen Teilen Ostafrikas. Ironischerweise sind diese Länder nicht die Hauptverursacher. Sie sind die Halde. Der Export europäischer Plastikabfälle nach Afrika hat sich zwischen 2018 und 2023 mehr als verdoppelt.

Gleichzeitig lebt die ostafrikanische Wirtschaft von genau dem, was der Müll zerstört: Strände, Riffe, Meerestiere. Allein Tansania verliert laut Weltbank jährlich über 400 Millionen US-Dollar durch die Folgen mariner Verschmutzung. Tourismus, Fischerei, Gesundheitssysteme – alles leidet.

Flipflopi ist ein Boot. Und ein Konzept.

Das Flipflopi-Projekt will nicht nur segeln, sondern verändern. Es betreibt auf Lamu eine Recyclingstation, die monatlich bis zu 15 Tonnen Plastik aufarbeitet. Daraus entstehen: Möbel, Lernmaterialien – und Boote. Es schafft Arbeitsplätze, bildet junge Menschen aus und erklärt, dass Kreislaufwirtschaft kein Buzzword, sondern ein Handwerk ist.

Und es ist politisch: Mit Partnern wie dem Africa Legal Network arbeitet Flipflopi an einem Gesetzesentwurf zur regionalen Regulierung von Einwegplastik. In Kenia gilt bereits eines der strengsten Plastiktütenverbote der Welt. Nur: Der Becher bleibt, die Verpackung auch. Es braucht mehr als Gesetze. Es braucht Alternativen, die funktionieren – lokal, bezahlbar, sichtbar.

Der eigentliche Wert: Sichtbarkeit

Ein Segelboot allein wird die Meere nicht retten. Aber es zeigt, was möglich ist, wenn man nicht fragt, was es kostet – sondern was es kostet, wenn man nichts tut.

Der Flipflopi-Dhow ist kein technisches Wunderwerk. Er ist eine kulturelle Intervention. Er segelt. Und er erzählt. Von Verantwortung, von Kreativität, von einer Welt, in der Müll nicht verschwindet – sondern wiederkommt. Als Boot. Oder als Chance.


Fakten, bitte:

  • 13 Mio. Tonnen Plastikmüll landen laut UN jährlich im Meer.

  • In Kenia ist Besitz und Nutzung von Plastiktüten strafbar – bis zu 4 Jahre Haft.

  • Das Flipflopi-Recyclingzentrum verarbeitet monatlich ca. 15 Tonnen Plastik.

  • Die kenianische Küstenregion trägt mehr als 60 Prozent zu den Tourismuseinnahmen des Landes bei.

  • Flipflopi plant den Bau eines größeren Boots – „The World’s First 100% Recycled Cargo Dhow“ – für Fracht ohne CO2 – Fußabdruck.

Mehr Informationen: www.theflipflopi.com