Angesichts massiver Verspätungen und Störungen bei der Deutschen Bahn (DB) äußert deren Fernverkehrs-Chef Michael Peterson Selbstkritik: „Um es klar zu sagen: Natürlich sind wir mit der Qualität da draußen und mit dem, was die Menschen erleben, absolut nicht zufrieden. Es entspricht nicht dem Anspruch an die Bahn, die wir Deutschland bieten wollen. Auch nicht dem, was die Menschen in Deutschland verdient haben“, sagt Peterson in einem Gespräch in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT.

Die Defizite seien „das Resultat der Unterfinanzierung, die bislang unsere Arbeit bestimmt hat“, so Peterson weiter. „Dazu mal ein plakatives Beispiel: 2020 und 2021 haben wir die Strecke Köln-Düsseldorf viermal in zwei Jahren gesperrt. Weil wir einmal den Oberbau neu gemacht haben, einmal die Oberleitung, einmal die Weichen und einmal das Stellwerk. Das wäre dasselbe, als wenn Sie für Ihr Badezimmer beschließen: Erst lege ich die Fliesen neu, in drei Monaten mache ich neue Leitungen, in sechs Monaten wechsle ich das Waschbecken aus. Die Dusche machen wir in zwei Jahren. Das würde kein Mensch so machen. Wir waren aber gezwungen, so zu handeln.“

Peterson zufolge wurde bereits seit den 1970er Jahren zu wenig in den deutschen Schienenverkehr investiert und es herrschte lange Zeit „die Vorgabe, den Bahnbetrieb auf Effizienz zu trimmen.“ Die Konsequenz daraus sei, dass heute „die Infrastruktur an einem Kipppunkt steht“, so der 52-Jährige, der seit Juli 2022 Vorstand für Personenfernverkehr der Deutschen Bahn AG ist. „Deshalb steuern wir drastisch um. Es gibt jetzt ein Generalsanierungskonzept. Stück für Stück werden die wichtigsten Bahnstrecken gesperrt und komplett neu hergerichtet.“ Bis 2029 werde sich die Lage in ganz Deutschland extrem verbessert haben. „Garantiert.“

In dem ZEIT-Gespräch äußert Peterson Verständnis für die Kritik vieler Bahn-Kunden. Für ihn sei allerdings „die Grenze erträglicher Kritik endgültig überschritten, wenn Bahn-Personal persönlich angegriffen wird“, sagt der DB-Manager. „Bahn-Mitarbeiter werden nicht nur verbal angegriffen. Wir erleben immer wieder auch physische Übergriffe. Und gerade bei Auseinandersetzungen rund um die Maske waren unsere Leute auch Opfer teils brutaler Attacken.“