Schulen und Geschäfte geschlossen, die Wirtschaft scheint auf ein Mindestmaß heruntergefahren zu sein, Millionen Menschen bangen in der Corona Krise um Jobs, unabhängig ob sie noch in ihren Betrieben beschäftigt sind, Kurzarbeit beantragt ist oder im Homeoffice zwischen Küche, Kindern und Kakteen sich mit dem Berufsalltag herumschlagen müssen.
Die beiden Bildungs- und Innovationsforscher Dr. Dieter Dohmen und Professor Dr. Ingo Rollwagen fordern nun diese unsichere Zeit die berufliche Qualifikation zu nutzen.
Die Forscher sehen in der Krise die Digitalisierung, sprich Online Angebote, als Gewinnerin. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Angebote von Händlern Streaming-oder Lieferdienste handelt.
Besondere Aufmerksamkeit widmen die beiden Experten insbesondere den Bildungsangeboten. „Selbst wenn die Digitalisierungsoffensive der Bundesregierung in vielen Schulen noch nicht angekommen ist, so sind Eltern, Lehrer und Schüler längst über digitale Medien – meist auf ihren privaten Devices – miteinander vernetzt,“ so Dieter Dohmen, der Gründer des Forschungsinstitutes für Bildungsökonomie (FIBS) ist. „ Die Politik steht staunend daneben und lässt Lösungen für die Krise durch Wettbewerbe finden, wie es der jüngst zu Ende gegangenen Hackathon gezeigt hat. Das ist Einsatz von vielen enthusiastischen Menschen für staatliche Lösungen und Daseinsvorsorge, die ansonsten für teure Ausschreibungen an große Unternehmen gegangen wären. Der Vorteil: Hier holen sich digitale Fachkräfte Partizipation zurück.“
Ingo Rollwagen, Professor für General Management an der Fresenius Hochschule/AMD. „ Die Unternehmen profitieren jetzt von Ihren Investitionen in digitale und algorithmische Innovation (KI), wie auch alle Unternehmen der Lern- und Kreativwirtschaft, die in den letzten Jahren in der Hochkonjunktur ähnlich gewachsen sind wie der Maschinenbau, aber auch andere Industrien, die frühzeitig auf die Digitalisierung gesetzt haben, wie beispielsweise die Kreativindustrie.“
Jede Krise hat eine Chance und aus der Perspektive eines Innovationsforsschers und eines Bildungsforschers zeigen die derzeitige Situation bzw. die Reaktionen vieler Unternehmer und Individuen, wie innovativ Deutschland sein kann und ist. Nicht nur Industrieunternehmen, wie Bosch, sondern auch Modehersteller stellen auf einmal ihre Produktion um. Auch und vor allem die Lernwirtschaft, in der schon projektwirtschaftliche, onlinebasierten Start-ups aus aller Welt seit nunmehr fünf Jahren disruptive Angebote entwickelt haben, ist nun auf Hochtouren und entwickelt viele neue und innovative Angebote. Diese adressieren direkt das Homeschooling oder wollen Lehrer/innen bei der Umstellung auf digitalisierten Unterricht unterstützen.
Freie Zeit konstruktiv nutzen
Der Lockdown, der vielen Menschen, unabhängig ob sozialversicherungspflichtig oder selbstständig, ob Freiberufler oder Künstler – setzt Zeit frei, Zeit die konstruktiv genutzt werden kann und die Möglichkeit bietet, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fit machen für eine Nach-Corona Ökonomie.
Die Zwangspause bietet also eine Möglichkeit die bisherigen Dynamiken des 21. Jahrhunderts und die Veränderung der Wirtschaftslogiken hin zu wissensintensiverem, lernbasiertem, verteiltem, stärker kunden- und nutzenorientiertem, schnellem und beschleunigtem Wachstum und Wirtschaften ernst zu nehmen.
„Warum nicht also Kurzarbeit und freie Zeitressourcen nun für Weiterbildung – berufliche und allgemeine Weiterbildung – nutzen? Warum nicht Bildungsausgaben endlich als Investitionen zu betrachten?“ fragen beide Wissenschaftler.
„Wir können jetzt – bei Kurzarbeit Null, eine verpflichtende Weiterbildung für die Beschäftigten initiieren, um mit der nach wie vor und sogar durch COVID-19 beschleunigten digitalen Transformation der Gesellschaft zurechtzukommen. Sie ist die bedeutendste Aufgabe der deutschen Wirtschaft in den kommenden Jahren. Viele Unternehmen müssen ihre bestehenden Geschäftsmodelle und -prozesse an die neuen Marktbedingungen anpassen. Denn die Digitalisierung ermöglicht und erfordert nicht nur den Einsatz einzelner innovativer Technologien.
Berufliche Qualifizierung mit entsprechenden self learning und self motivation Modulen, die ausnahmslos online durchgeführt werden können, ermöglichen es Menschen fitter durch die Krise zu kommen und ihnen zudem eine Perspektive für eine Nach-Corona Ökonomie zu geben. Über eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 100 Prozent der Ersatzleistungen könnte zudem, ein übersichtlicher – nicht so kostenträchtiger Rahmen geschaffen werden – um Beschäftigte zu animieren, diese Angebote in Anspruch zu nehmen,
Ähnlich könnte mit Soloselbständigen verfahren werden, die durch die Zuschüsse des Bundes über Wasser gehalten werden sollen. Eine Verpflichtung zur Weiterbildung und Qualifizierung würde nicht nur individuell, sondern auch der Gesellschaft bei einem Neustart helfen.
Auf lange Sicht könnte zudem ein Weiterbildungsfond zur Finanzierung eingerichtet werden, an dem sich die Öffentliche Hand, aber genauso auch private Investoren beteiligen können. Diese Fonds, die solche Entwicklungen fördern, können sowohl gemeinnützigen oder gewinnorientierten Bereich agieren.
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