Nicaragua und viele andere mittelamerikanische Staaten werden vom Klimawandel besonders betroffen sein. Umso größer sind die Anstrengungen der Regierungen, die Verhandlungen in Paris zu einem Erfolg werden zu lassen. FAIReconomics sprach aus diesem Anlass mit Paul Oquist Kelly, dem zuständigen Minister in Nicaragua, der für die Klimaverhandlungen und die Klimapolitik seines Landes verantwortlich ist.
Herr Minister wie sind Nicaragua und in Folge dessen auch alle mittelamerikanischen Staaten vom Klimawandel bedroht?
Wir machen uns schon jetzt sehr ernsthafte Gedanken und Pläne. Zunächst einmal hat der Klimawandel längst eingesetzt. Es ist sicherlich vernünftig drüber nachzudenken, den Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzen zu wollen, weil uns Modelle bislang klar zu machen versuchen, dass dies für die Weltgemeinschaft noch handelbar wäre, doch schon jetzt sind wir mittendrin in dieser Entwicklung.
Wie betroffen ist ihr Land. Wo macht sich der Wandel jetzt schon bemerkbar?
Nicaragua ist ein wichtiger Kaffeeproduzent. Übrigens ja ein Lieblingsgetränk bei Ihnen in Deutschland. Kaffeesträucher sind empfindlich und benötigen ein stabiles Klima. Ideal sind Temperaturen zwischen durchschnittlich 18 und 25 °C. Temperaturextreme über 30 °C oder längere Zeit unter 13 °C oder gar Frost vertragen die Pflanzen nicht. Aber auch zu starke und zu viele direkte Sonneneinstrahlung schadet den Pflanzen genauso wie ständiger oder zu starker Wind. Besonders empfindlich reagiert die Kaffeepflanze auf Wassermangel. Liegen die Regenmengen unter 1.000 mm jährlich muss muss bewässert werden liegen die Niederschlagsmengen zu niedrig, und zwar bei 800 mm, dann lohnt sich der Kaffeeanbau nicht mehr.
Und das ist nicht nur in die Zukunft gedacht, wir haben jetzt schon Einbußen zu verzeichnen. sowohl aufgrund des El-Niño-Phänomen, als auch aufgrund des Klimawandels war die Blüte der Kaffeepflanzen im Norden unseres Landes nicht die Beste. Das was bedeutet, dass die Kaffeebohnen aus dem Ernte-Zyklus 2015-16 betroffen sind.
Nicaragua gilt als Entwicklungsland, ihr Land hat in der Vergangenheit unter zahlreichen Naturkatastrophen zu leiden, wie der Hurrican Mitch im Jahre 1998….
Ja, und diese Naturphänomene nehmen zu, nicht nur bei uns, schauen Sie sich beispielsweise die Philippinen an, wo Naturkatastrophen exorbitant zunehmen. Eines scheint mir absurd. Wie kann man das Jahr 2020 zum Stichjahr für den Klimawandel zu erklären, wobei wir schon längst darin stecken. Aber nun gut, wir brauchen halt ein politisches Stichjahr. Viel wichtiger sind aber die politischen Forderungen, die jetzt auf der Klimakonferenz in Paris und vor allem dann im Post Paris Prozess geklärt werden müssen.
Welche politischen Forderungen sehen Sie da im Einzelnen?
Nun wichtig für uns sind die Finanzierungen der Maßnahmen, die Industriestaaten dürfen uns nicht allein stehen lassen. Es ist zwar beschlossen worden einen 100 Milliarden Dollar schweren Klimafonds zu schaffen, und es gibt Zusagen auch seitens der Industriestaaten, aber eingezahlt wurde bislang noch nicht allzuviel.
Für uns ist vor allem wichtig die Verursachern des Klimawandel stärker zu verifizieren. Das geht nur über entsprechende Messmethoden. Wir wollen das der IPCC die Menge an Treibhausgasen bestimmt, als die Critical Global Goals, die es ermöglichen den Temperaturanstieg bei 2 Grad und bei 1,5 Grad  zu halten.
Dann brauchen wir einen historischen Rückblick, wie sich die Treibhausgasemissionen zwischen 1750 ( dem Beginn der Industriellen Revolution) und 2015 entwickelt haben und vor allem ihre Verteilung auf die einzelnen Staaten. Wir nennen das einen Emissions Baseline Indicator.
Ferner muss das IPCC feststellen, wie hoch die jeweiligen Treibhausgasemissionen der einzelnen Länder in der Zukunft sein werden, fortgeschrieben von 2016 folgende, folgende an.
Wir denken, es ist darüber hinaus wichtig ist eine Art Klimabilanz für jeden Staat seit 1990 zu erstellen. Dabei sollen vor allem die Schäden und die Verluste bilanziert werden um daraus einen entsprechenden Indikator pro Land zu entwickeln.
Im Prinzip geht es darum, wer die Kosten des Klimawandels schultern soll?
Richtig, man kann doch den Entwicklungsländern nicht die Kosten aufdrücken wollen, die von ihnen nicht verursacht worden sind. Hier haben die Industriestaaten der nördlichen Halbkugel eine besondere Verantwortung und Aufgabe. Hier benötigen wir den Adaptation Needs Indicator 2015, eine Messgröße, die als Messgröße für diese Kosten herangezogen werden kann. Stehen diese Größen fest, kann der Klimafonds entsprechende Zahlungen an Staaten leisten, um die Folgen des Klimawandels aufzufangen.
Ihr Land selbst wird häufig kritisiert wegen des Baus der Nicaragua-Kanals….
Ja, hier gibt es viele Gerüchte und Missinformationen. So wurde immer behauptet, dass für den Bau etwa 100.000 Menschen, meist indigene Völker umgesiedelt werden müssten. In Wirklichkeit sind es etwa 7.100 Familien, also etwa 28.000 Menschen. Nach unserem Rechtssystem erhalten alle Familien Entschädigungen für den Verlust des Landes und der Heimat, außerdem garantieren wir den Familien ein besseres Leben.
Zudem sehen wir als Entwicklungsland riesige Chancen, nicht nur wegen der Einnahmen, sondern vor allem in Ausbildung und Training und der Schaffung dringend benötigter Jobs.
Zudem geht es hier auch um globalen Klimaschutz. Große Schiffe mit einer Volumen von 25.000 TEU, also Schiffe der Post-Panama-Klasse werden im Jahre 2030 etwa 30 Prozent des Welthandels ausmachen. Inzwischen werden beispielsweise in Korea Schiffe mit einer Größe von 25.000 TEU geplant.
Auf der einen Seite können Sie sparen, in dem Sie Schiffe energieeffizienter machen, andererseits aber immer noch durch eine Verkürzung der Seestrecke. So müssen große Schiffe bislang die Magellanstraße passieren, mit der Fahrtersparnis durch den Nicaraguakanal spart man beispielsweise auf der Strecke zwischen Norfolk und Shanghai zwei Wochen. Außerdem spart man so etwa 50 Prozent der CO2 Emissionen und 30 Prozent der Transportkosten ein.