Die Bepreisung von CO2 gilt als effizientes Mittel bei der Bekämpfung des Klimawandels. Doch findet sie in Deutschland auch die Unterstützung in der Bevölkerung? Welche Rolle spielt dabei die Verwendung der Einnahmen? Ein Forscherteam ist diesen und weiteren Fragen nachgegangen. Eines der Ergebnisse: Das sogenannte Klimageld wird von weiten Teilen der Bevölkerung als ungerecht und wenig zielführend angesehen.

Ein Forscherteam hat die öffentliche Zustimmung zur CO2-Bepreisung und insbesondere zu unterschiedlichen Optionen für die Verwendung der Einnahmen empirisch untersucht. Dabei überraschen insbesondere die Resultate hinsichtlich des sogenannten Klimagelds. „Die Ergebnisse zeigen, dass die CO2-Bepreisung durchaus eine hohe Akzeptanz erlangen kann, wenn sie eine gute Mischung aus Wirksamkeit, verursachergerechter Bepreisung und fairen Ausgleichsmaßnahmen erreicht. Wichtig dabei ist, dass der Zusammenhang zwischen CO2-Bepreisung und Entlastungen effektiv kommuniziert wird“ sagt Projektleiter Anton Barckhausen von adelphi.

Klimageld als ungerecht und wenig zielführend angesehen

Eine repräsentative Befragung, ergänzt durch Fokusgruppen-Untersuchungen, zeigt: Die Deutschen beurteilen das sogenannte Klimageld – eine Ausschüttung der Mehreinnahmen aus der CO2-Bepreisung an Haushalte, in der Studie als Klimadividende bezeichnet – negativer als andere Optionen zur Verwendung der Einnahmen. Expertinnen und Experten sowie einige politische Parteien befürworten diese jedoch weitgehend als verhältnismäßig progressives Instrument zum sozialen Ausgleich. Einen positiven Klimaeffekt bezweckt das Klimageld wiederum nicht. Durch höheren Konsum kann der Klimaeffekt sogar negativ sein. „Sowohl die fehlende Klimawirkung als auch die fehlende Steuerung durch das Gießkannenprinzip und der als hoch wahrgenommene bürokratische Aufwand führen unserer Untersuchung zufolge zu einer negativen Bewertung des Klimagelds. Bei der weiteren Ausgestaltung dieses politischen Vorhabens sollten diese Schwachstellen berücksichtigt werden“, sagt Elisabeth Dütschke, Geschäftsfeldleiterin am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung.

„Herauszufinden, dass das Klimageld von den Teilnehmenden vielfach als ein nicht gut verständliches und eher ungerechtes Instrument angesehen wird, ist für uns zwar überraschend gewesen, da viele Expertinnen und Experten eher vom Gegenteil ausgingen“, ergänzt Raffaele Piria, Energie-Experte bei adelphi. Jedoch bilde die Erkenntnis eine wichtige Informationsgrundlage für eine mögliche Weiterentwicklung des CO2-Bepreisungssystems samt Verwendung der Einnahmen. Das Forschungsteam stellte fest, dass viele Befragten das System der CO2-Bepreisung anders interpretieren als dies Expertinnen und Experten tun: Bürgerinnen und Bürger sehen die Bepreisung häufig als verursacherbezogene Abgabe und weniger als Anreiz zur Verhaltensänderung. „Dies kann schon für sich genommen die Akzeptanz beeinträchtigen“, so Piria. Die wichtigste Erkenntnis sei deshalb: „Die Politik muss sich stärker bemühen, die Gründe für die Ausgestaltung von Maßnahmen wie der CO2-Bepreisung und ihre Funktionsweise allgemeinverständlich zu erläutern.“

Paket aus verschiedenen Maßnahmen gefragt

Mit Blick auf die begleitende öffentliche Kommunikation empfiehlt Prof. Dr. Martina Ziefle, Leiterin des Lehrstuhls für Communication Science von an der RWTH Aachen University: „Um ein größeres Verständnis und mehr Vertrauen in die Maßnahmen in Verbindung mit der CO2-Bepreisung zu erreichen, sollte der Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben transparent und sachorientiert erklärt und die Konsequenzen für die Bürger*innen konkret verdeutlicht werden. Stromanbieter könnten z.B. auf der Stromrechnung darstellen, um welchen Betrag die Stromkosten durch die Strompreisentlastung geringer ausfallen. Staatliche Investitionsprojekte, die aus der CO2-Bepreisung finanziert werden, könnten entsprechend ausgewiesen werden. So kann es gelingen, die öffentliche Debatte weg von der ausschließlichen Beschäftigung mit dem CO2-Preis und seiner Höhe hin auf das Gesamtpaket der CO2-Bepreisung zu lenken.“

Über COreFAKTEN

Die Befragung und die weiteren Untersuchungen wurden im Rahmen des Projekts „Gesellschaftliche Akzeptanzfragen einer Reform der Energieabgaben, -steuern und -umlagen mit CO2-Bepreisung“ (COreFAKTEN) innerhalb der vergangenen zwei Jahre durchgeführt. COreFAKTEN wurde im Programm Energiewende und Gesellschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (2020-2021) gefördert. Unter der Führung von adelphi wurde das Vorhaben gemeinsam mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH Aachen University) und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) im Verbund durchgeführt und von einem Beirat aus Expertinnen und Experten für Klima- und Energie sowie Sozialpolitik unterstützt.

Das Hauptaugenmerk galt dabei den unterschiedlichen Möglichkeiten zur Verwendung der Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung. Untersucht wurden hierzu die Strompreisentlastung, staatliche Investitionen für den Klimaschutz, die Förderung privater Investitionen für den Klimaschutz, die Förderung einkommensschwächerer und von der CO2-Bepreisung besonders betroffener Haushalte sowie eine Klimadividende.
Kern des Projekts waren zwei empirische Studien. Im ersten Schritt (November / Dezember 2020) wurden zwölf Fokusgruppen mit insgesamt 83 Personen durchgeführt. Die Teilnehmenden waren Personen aus Haushalten, die vom CO2-Preis besonders stark belastet sind, etwa Pendler*innen oder Haushalte mit geringen Einkommen (d.h. Alleinerziehende und Personen, die soziale Förderung beziehen) oder mit spezifischen Energieverbrauchsmustern, die von steigenden Preisen für Strom und Wärme stärker betroffen sind (z.B. Rentner*innen mit großen Wohnflächen).

Im zweiten Schritt wurde im Juli / August 2021 eine repräsentative, deutschlandweite Befragung mit insgesamt 1510 Personen über verschiedene Altersgruppen, Geschlechter und Bundesländer hinweg durchgeführt. Genutzt wurde hier die Methode der Conjoint-Analyse, bei der die Teilnehmenden aus verschiedenen Optionen zur Ausgestaltung von CO2-Bepreisung und Mittelverwendung die von ihnen bevorzugte Variante auswählten. Die Kombination der beiden unterschiedlichen Methoden ermöglicht eine umfassende und sich ergänzende Perspektive.