Im Einklang mit dem jüngsten Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) über 1,5 Grad Celsius globale Erwärmung hat das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) seine CO₂-Uhr auf den neusten Stand gebracht.
Demnach können gerade einmal noch knapp 420 Gigatonnen (Gt) CO₂ in die Atmosphäre abgegeben werden, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. Da die Welt jedoch jedes Jahr circa 42 Gt an CO₂ ausstößt – rechnerisch entspricht dies 1332 Tonnen pro Sekunde – dürfte dieses Budget in gut neun Jahren aufgebraucht sein. Das Budget von circa 1070 Gt für das Zwei-Grad-Ziel wird in etwa 26 Jahren erschöpft sein.
Die CO₂-Uhr des MCC bildet damit den neuen allgemein wissenschaftlich anerkannten Stand der Forschung ab. Kurz vor der Veröffentlichung des IPCC-Sonderberichts war die Uhr, die das noch verfügbare Budget rückwärts herunterzählt, eigentlich abgelaufen. Das Update schließt jetzt jedoch unter anderem die neuen Abschätzungen über die bisher erfolgte Erwärmung mit ein und beruht auf einer breiteren Datenbasis, die nun auch Beobachtungen umfasst. Beim Klimaabkommen von Paris haben alle Staaten weltweit das Ziel beschlossen, die Erderwärmung im globalen Mittel auf deutlich unter 2 Grad Celsius (möglichst 1,5°C) im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
„Bei dem weiterhin äußerst begrenzten CO₂-Budget werden der Welt gerade einmal einige wenige Jahre mehr für effektiven globalen Klimaschutz eingeräumt“, sagt MCC-Direktor Ottmar Edenhofer. „Klimapolitisch haben wir gerade ein verlorenes Jahrzehnt hinter uns, in dem die globalen Emissionen trotz aller im Paris-Abkommen gemachten Zusagen sogar wieder gestiegen sind. Der IPCC zeigt, dass es noch mehr Wege zum 1,5-Grad-Ziel gibt als angenommen. Doch diese Handlungsspielräume werden von der Politik kontinuierlich verspielt.“
Die Idee des CO₂-Budgets fußt auf einem nahezu linearen Zusammenhang zwischen den kumulativen Emissionen einerseits und dem Temperaturanstieg andererseits. Aus dem Ablaufen des verfügbaren CO₂-Budgets zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels lässt sich indes nicht ableiten, dass sich die Erde dann um 1,5 Grad erwärmt hätte. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Reaktion der Emissionen auf die Temperatur erst später sichtbar wird als beim reinen Blick auf die Konzentration der Emissionen in der Atmosphäre.
Mit der Aktualisierung der CO₂-Uhr des MCC auf Grundlage des IPCC-Sonderberichts geht zugleich eine technische Veränderung einher: Bisher hatte der Weltklimarat die Größe des Budgets in Form von einer geringeren (33 prozentigen), einer mittleren (50 prozentigen) und einer hohen Wahrscheinlichkeit (66 prozentigen) abgebildet. Im Lichte der neuen Erkenntnisse sprechen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun davon, dass das errechnete Budget von 420 Gt für das 1,5-Grad-Ziel mit 66 Prozent der untersuchten Szenarien erreichbar ist. Damit werden Unsicherheiten verlagert: Weg von der Wahrscheinlichkeit, das Temperaturziel einzuhalten – und hin zu der Wahrscheinlichkeit, dass die Modelle das Ziel einhalten. Zudem bleiben Unsicherheitsfaktoren bestehen, die sich unter anderem aus unterschiedlichen Definitionen des 1,5°C-Ziels, unterschiedlichen Annahmen über die Klimasensitivität und den Grad der bisherigen Erwärmung sowie der zukünftigen Entwicklung anderer Treibhausgase ergeben.
„Es liegt in der Natur der Sache, dass auch unsere CO₂-Uhr weiterhin mit Unsicherheiten behaftet ist. Doch den nötigen politischen Handlungsdruck, zeigt sie glasklar: Bis 2050 muss die Weltwirtschaft komplett CO₂-frei sein“, sagt MCC-Generalsekretärin Brigitte Knopf. „Durch den Weltklimarat wissen wir jetzt noch genauer, wie groß die Notwendigkeit ist, den CO₂-Ausstoß drastisch zu reduzieren.“