Weltweite Konflikte, der Klimawandel und die Missachtung des internationalen humanitären Völkerrechts führen dazu, dass im Jahr 2025 schätzungsweise 305 Millionen Menschen auf lebensrettende Hilfe angewiesen sein werden, warnte Tom Fletcher, der neue Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen und Leiter des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA). Fletcher sprach in diesem Zusammenhang von einer „Polykrise“, die vor allem die Schwächsten der Welt hart treffe.
„Die Welt steht in Flammen“
In einer Rede, in der Fletcher um 47,4 Milliarden US-Dollar für Hilfsmaßnahmen in mehr als 30 Ländern und neun Regionen warb, betonte er, dass Konflikte von nie dagewesener Dauer und Intensität die humanitären Herausforderungen verschärfen. „Unsere Mission ist es, mehr zu tun“, sagte Fletcher, „aber dafür brauchen wir dringend Ressourcen. Es ist unser Appell an die Weltgemeinschaft, dieser Ära der Straflosigkeit und Gleichgültigkeit entgegenzutreten.“
Schwierige Entscheidungen
Von den 305 Millionen Bedürftigen wird laut OCHA voraussichtlich nur 190 Millionen Menschen tatsächlich geholfen werden können. Gründe dafür sind unzureichende Finanzierung und logistische Herausforderungen, insbesondere in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, die von jahrzehntelanger Instabilität geprägt sind.
Engagement für neue Partnerschaften
Fletcher kündigte an, in Hauptstädten weltweit für neue Partnerschaften und Solidarität zu werben, um die dringend benötigte Unterstützung für die am stärksten gefährdeten Menschen zu mobilisieren. „Ich muss Wege finden, das Thema so zu formulieren, dass es die breite Öffentlichkeit erreicht“, sagte Fletcher.
Seine langjährige Erfahrung in Konfliktbewältigung und Friedensarbeit, unter anderem in Kenia, Libanon und Nordirland, qualifiziere ihn dafür, die humanitäre Hilfe in Krisenregionen gezielt voranzutreiben. Dabei würdigte er die Arbeit seines Vorgängers Martin Griffiths, der im Juni aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat.
Klimakrise als zusätzlicher Faktor
Neben den Konflikten hob Fletcher die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise hervor, die bestehende Ungleichheiten verschärft und bereits verletzliche Bevölkerungsgruppen weiter gefährdet. „Die Kombination aus Konflikten und Klimakrise macht unsere Arbeit extrem schwierig“, erklärte er. Besonders betroffen seien Regionen, die bereits unter Armut und sozialer Ungleichheit leiden.
Rekordzahlen bei Vertreibungen und Kinderrechtsverletzungen
Laut Fletcher wurden weltweit etwa 123 Millionen Menschen aufgrund von Konflikten gewaltsam vertrieben. Zudem seien Kinderrechtsverletzungen auf einem Rekordhoch: Jedes fünfte Kind lebe heute in einer Konfliktzone, so Fletcher, der dies zuletzt bei einem Besuch im kriegsgebeutelten Sudan hautnah erlebte.
Zugang zu humanitärer Hilfe sicherstellen
Ein zentraler Schwerpunkt von Fletchers Arbeit ist die Sicherstellung des Zugangs zu humanitärer Hilfe, trotz zahlreicher Hindernisse wie Checkpoints und Grenzbarrieren. „Unsere Aufgabe ist es, die humanitäre Unterstützung Lkw für Lkw, Grenze für Grenze durchzusetzen“, erklärte er.
Beim Start des Globalen Humanitären Überblicks 2025 in Genf, Kuwait und Nairobi rief Fletcher auch zu einem stärkeren Respekt für das Kriegsrecht und das internationale humanitäre Völkerrecht auf. Es müsse alles unternommen werden, um Zivilisten und humanitäre Helfer zu schützen, die in diesem Jahr in erschreckend hoher Zahl ihr Leben verloren haben. „Es geht nicht nur um die Intensität dieser Konflikte – Gaza, Ukraine, Sudan, Syrien – sondern auch um die bewusste Missachtung des humanitären Völkerrechts“, sagte Fletcher abschließend.
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